Berlin (dpa) - Der erste Bundeshaushalt der neuen Bundesregierung steht: Er sieht keine neue Schulden und Ausgaben von insgesamt 343,6 Milliarden Euro vor - 2,6 Milliarden Euro mehr als bisher geplant.
Das ergab am Morgen die »Bereinigungssitzung« des Haushaltsausschusses des Bundestags, bei der in einer fast 14-stündigen Sitzung die letzten Details des Haushalts geregelt wurden. Die Sitzung dauerte von 13.00 Uhr am Mittwoch bis 2.45 Uhr nachts.
Wegen steigender Steuereinnahmen hatte sich der Spielraum gegenüber dem Entwurf von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) noch einmal etwas erweitert. Zuletzt mussten auch noch kostenintensive Änderungen etwa beim Baukindergeld für Familien eingearbeitet werden. Es dürfte bis 2021 mindestens 2,7 Milliarden Euro kosten, viel mehr als von Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart.
Wegen der Mehrausgaben läuft die große Koalition große Gefahr, ihre selbstgesteckte 46-Milliarden-Obergrenze für neue Ausgaben bis 2021 zu sprengen. Derzeit belaufe sich die Summe prioritärer Maßnahmen auf mindestens 47 Milliarden Euro und übertreffe damit deutlich die Vereinbarungen des Koalitionsvertrags von Union und SPD, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen des Haushaltsausschusses.
Wegen der langen Regierungssuche gab es erst Mitte März eine Regierung - daher erfolgt auch erst jetzt der Beschluss für den Haushalt 2018. Nach und nach mussten die Bundesminister mit den Haushältern ihre Etats durchgehen und Änderungswünsche erläutern.
»Unter Beibehaltung der Schwarzen Null haben wir wichtige Änderungen vorgenommen«, sagte der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Eckhardt Rehberg. »Beim Baukindergeld halten wir Wort: Der Beschluss des Koalitionsausschusses ist wie vereinbart ohne Wohnflächenbegrenzung in den Haushalt eingearbeitet.« Zudem würden die Investitionen gegenüber dem Entwurf um 2,8 Milliarden auf 39,8 Milliarden Euro erhöht, vor allem durch Ausgaben für einen Sondertopf »Digitale Infrastruktur«, mit dem tausende Schulen schnelleres Internet bekommen sollen.
Der FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke monierte eine Umverteilung nach dem Gießkannenprinzip. »Das ist ein Haushalt der Unklarheit und der vertanen Chancen.«
Das Haushaltsrecht, die Kontrolle der Etatpläne, gilt als Königsrecht des Parlaments. Das Plenum des Bundestags soll die Pläne kommende Woche absegnen. Bereits am 6. Juli will das Kabinett dann im Schatten der tiefen Regierungskrise durch den Asylstreit den Haushaltsentwurf für 2019 beschließen.
Seit 2014 plant die Bundesregierung wegen der guten Konjunktur und Rekordsteuereinnahmen damit den fünften Haushalt in Folge ohne neue Kredite. Bei den Einnahmen wird nun unter anderem mit 321,3 Milliarden Euro an Steuereinnahmen gerechnet (plus 2,3 Mrd).
Wegen der gestiegenen Anforderungen soll die Bundespolizei 3075 und das Bundeskriminalamt 525 zusätzliche Stellen bekommen. Zur Bewältigung der hunderttausenden Asylverfahren bekommt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 1650 neue Stellen, knapp 4500 Stellen sollen entfristet werden. Der Zoll soll rund 1400 und bis 2021 insgesamt 6100 neue Stellen bekommen, um Schmuggel und Kriminalität zu bekämpfen und um besser kontrollieren zu können, ob die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns eingehalten wird.
Besonders teuer schlagen die bei einem Koalitionsspitzentreffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Finanzminister Scholz und Innen- und Bauminister Horst Seehofer (CSU) verabredeten Ausgaben in der Wohnungspolitik zu Buche. Wegen der vereinbarten Aufhebung von Auflagen bei der Quadratmeterzahl geplanter Hausneubauten und Wohnungskäufe wird das Baukindergeld viel teurer als geplant.
Statt der zunächst veranschlagten knapp 2 Milliarden Euro (inklusive Ausgaben für Abschreibungen bei Renovierungen und für energetische Gebäudesanierungen) wird allein das Baukindergeld bis 2021 mindestens 2,7 Milliarden Euro kosten. Das ist noch die untere Grenze.
»Jetzt sind alle Dämme offen«, hieß es von Haushältern, da es keine Beschränkungen mehr gebe, außer dass das Einkommen eines Familienhaushalts nicht 75.000 Euro plus 15.000 Freibetrag je Kind übersteigen darf. Scholz wollte den Bezug daran koppeln, dass die Wohnfläche der Immobilie nicht 120 Quadratmeter übersteigt.
Die Zuschüsse sollen rückwirkend für alle ab Januar erfolgten Kauf- und Bauverträge beantragt werden können. Das Programm soll bis Ende 2020 laufen - dann können letztmals Anträge gestellt werden. Es gibt insgesamt 12 000 Euro pro Kind, gezahlt über zehn Jahre.
Dadurch könnten es bis zum endgültigen Auslaufen der letzten Förderzahlungen Ende 2030 sogar zehn Milliarden Euro an Kosten werden. Die SPD sieht das Projekt kritisch, da auch Bürger mit niedrigen Einkommen die steuerfinanzierte Subvention mitfinanzieren, auch wenn sie sich selbst nicht einmal mit Baukindergeld Wohneigentum leisten können. Im Gegenzug wurden 500 Millionen Euro zusätzlich für den sozialen Wohnungsbau zugebilligt.