Innenministerin Nancy Faeser hat im Bundestag versucht, ihr Verhalten in der Affäre um die Abberufung des früheren Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu rechtfertigen. Abgeordnete der Opposition zeigten sich mit ihren Erklärungen zur Personalie Arne Schönbohm jedoch nicht zufrieden. Die Sozialdemokratin Faeser sagte am Mittwoch nach einer Sitzung des Innenausschusses des Bundestages, ihr Hauptziel sei es damals gewesen, »Schaden vom BSI abzuwenden«.
Ihr war wiederholt vorgeworfen worden, den damaligen BSI-Chef Schönbohm im Herbst 2022 nach einem kritischen Fernsehbeitrag ohne triftigen Grund von seinen Aufgaben entbunden zu haben.
Fragen werfe nach wie vor der Vermerk eines hochrangigen Mitarbeiters ihres Ministeriums auf, sagte der CDU-Abgeordnete Christoph de Vries. Aus dem internen Vermerk geht hervor, dass die Ministerin mit dem, was die zuständige Abteilung ihres Hauses bei den disziplinarrechtlichen Vorermittlungen über Schönbohm damals zusammengetragen hatte, wohl unzufrieden war, und angeregt hatte, noch einmal gründlicher zu suchen.
Faeser: Gab nur eine Anweisung beim Verfassungsschutz
Faeser sagte nun, im Zuge der von Schönbohm selbst angeregten disziplinarrechtlichen Vorermittlungen sei im Oktober 2022 beim Bundesamt für Verfassungsschutz eine Anfrage gestellt worden, ob dort Erkenntnisse gegen Schönbohm vorlägen. Sie betonte: »Dies war die einzige Anfrage beim Bundesamt für Verfassungsschutz, und es gab auch keine Anweisung von mir, eine zweite durchzuführen.«
Bestätigt wurde dies vom Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang. Er sagte: »Es gab keine weiteren Anfragen nach Oktober 22«. Auf die Frage, ob Erkenntnisse über Schönbohm womöglich als »Beifang« bei der Überwachung anderer Personen aufgetaucht seien, antwortete er: »Es gibt bei uns nur «gespeichert» oder «nicht gespeichert».« Schönbohm sei »nicht gespeichert« gewesen.
Enge Kontakte zu russischen Kreisen und Firmen?
In einem Schreiben des Bundesinnenministeriums an den damaligen BSI-Präsidenten war explizit Bezug auf Vorwürfe genommen worden, die nach der Ausstrahlung der ZDF-Sendung »Magazin Royale« im Oktober 2022 verbreitet wurden. Dann heißt es in dem Schreiben aber weiter: »Hinzu kommt eine Vielzahl von Vorkommnissen in Zusammenhang mit der fachlichen sowie der personellen Führung des Amtes, die auch das Vertrauen von Frau Ministerin in Ihre Amtsführung irreparabel gestört haben.«
Das Ministerium verweist auch »auf Vorwürfe hinsichtlich zu enger Kontakte zu russischen Kreisen und Firmen«, die in der Fernsehsendung und im Nachgang in diversen Medienberichten laut wurden. »Unabhängig davon wie stichhaltig diese sind und ob diese sich im Ergebnis als zutreffend erweisen werden, ist in der öffentlichen Meinung ein Vertrauensverlust eingetreten, der eine weitere Amtsführung unmöglich macht und die Aufgabenerfüllung des BSI in den Augen der Öffentlichkeit erheblich beeinträchtigt«, heißt es weiter.
Ministerin spricht von gravierenden fachlichen Differenzen
FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle antwortete auf die Frage, ob er aus der Sendung damals etwas Neues zu möglichen fragwürdigen Kontakten Schönbohms erfahren habe, mit »Nein«.
Faeser sagte, es habe zwischen Schönbohm und dem Bundesinnenministerium bereits vor der Sendung gravierende fachliche Differenzen gegeben. Angesichts der durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gestiegenen Bedrohung im Cyberraum sei es ihr wichtig gewesen, eine über jeden Zweifel erhabene Führungspersönlichkeit an der Spitze des Bundesamtes zu installieren. Die Behörde leitet seit Juli die IT-Expertin Claudia Plattner. Die Absetzung Schönbohms sei »voreilig« gewesen, kritisierte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU).
FDP: Faeser sei leider »zu spät«
Vor Beginn der Sitzung des Ausschusses hatten auch Abgeordnete der Koalitionspartner Grüne und FDP kritisiert, dass die SPD-Politikerin dem Ausschuss erst jetzt Auskunft zu den von der Union erhobenen Vorwürfen gibt. Faeser sei leider »zu spät« gekommen, sagte der FDP-Politiker Kuhle. Die von der Union erhobenen Vorwürfe nannte er »ungeheuerlich«. Faeser sagte, sie habe sich dafür entschuldigt, dass sie an der zurückliegenden Sitzung des Innenausschusses nicht teilgenommen habe.
© dpa-infocom, dpa:230920-99-260016/8