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Blinken spricht erstmals seit Kriegsbeginn mit Lawrow

US-Außenminister Blinken hatte das Gespräch mit seinem russischen Amtskollegen diese Woche überraschend angekündigt. Es war das erste Gespräch nach monatelanger Funkstille.

Blinken und Lawrow
US-Außenminister Antony Blinken und sein russischer Amtskollege Sergei Lawrow bei einem Treffen in Genf im Januar. Foto: Alex Brandon
US-Außenminister Antony Blinken und sein russischer Amtskollege Sergei Lawrow bei einem Treffen in Genf im Januar.
Foto: Alex Brandon

US-Außenminister Antony Blinken hat erstmals seit Beginn des Kriegs in der Ukraine mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow gesprochen.

Es habe am Freitagmorgen (Ortszeit) ein »offenes und direktes Gespräch« über ein Angebot zur Freilassung der in Russland inhaftierten US-Basketballerin Brittney Griner und des amerikanischen Staatsbürgers Paul Whelan gegeben, sagte Blinken in Washington. »Ich habe den Kreml gedrängt, den substanziellen Vorschlag zu akzeptieren, den wir (...) gemacht haben.« Das russische Außenministerium bestätigte das Telefonat der beiden Chefdiplomaten.

Die Basketballerin Griner muss sich in Russland wegen Drogenbesitzes vor Gericht verantworten. Whelan, der mehrere Staatsbürgerschaften hat, war im Dezember 2018 in Russland verhaftet und wegen des Vorwurfs der Spionage zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt worden.

Blinken hatte am Mittwoch überraschend angekündigt, Russland ein Angebot zur Freilassung der beiden gemacht zu haben und in dem Zusammenhang auch ein Gespräch mit Lawrow angekündigt. Die beiden hatten das letzte Mal vor Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar miteinander Kontakt. Blinken sagte, um die Freilassung Griners und Whelans zu erreichen, liege bereits seit Wochen ein Angebot auf dem Tisch.

»Die Welt wird Annexionen nicht anerkennen«

Der US-Minister betonte nun auch, Lawrow deutlich gesagt zu haben, dass die USA russische Pläne, weiteres Territorium der Ukraine zu annektieren, nicht akzeptieren würden. »Die Welt wird Annexionen nicht anerkennen. Wir werden Russland weitere erhebliche Kosten auferlegen, wenn es mit seinen Plänen fortfährt«, sagte Blinken. »Und wie immer sind wir bereit, mit der Ukraine und anderen zusammenzuarbeiten, um alle sinnvollen diplomatischen Bemühungen zur Beendigung des Krieges zu unterstützen - um die Aggression zu beenden«, so Blinken weiter.

Nach Angaben des russischen Außenministeriums beklagte Lawrow bei dem Gespräch, dass die an die Ukraine gelieferten schweren Waffen des Westens Kinder im Kriegsgebiet töten würden. Er habe Blinken auch über den Gang der »militärischen Spezial-Operation« in der Ukraine unterrichtet. Der russische Chefdiplomat habe betont, dass alle Ziele in dem Land erreicht würden. Die USA unterstützen die Ukraine bei der Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg mit schweren Waffen. Der Konflikt würde dadurch nur in die Länge gezogen und die Zahl der Opfer erhöht, so Lawrow.

Ein weiteres Thema in der Unterredung war der unter Vermittlung der Vereinten Nationen vereinbarte Korndeal über die Ausfuhren von Millionen Tonnen blockierten Getreides aus der Ukraine. Er habe Lawrow im Gespräch dazu aufgefordert, dass Russland seine Verpflichtungen einhalte, sagte Blinken. Lawrow kritisierte bei dem Gespräch nach Angaben des Ministeriums, dass Russland durch die »illegalen« Sanktionen des Westens daran gehindert werde, sein Getreide und seine Düngemittel zu exportieren.

Den Vorwurf, dass Blinkens Gespräch mit Lawrow Russlands Verhalten in irgendeiner Weise legitimieren würde, wies die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, zurück. »Sie sind jetzt ein Außenseiter auf der globalen Bühne wegen dem, was sie tun«, sagte sie. Pläne für ein Gespräch von US-Präsident Joe Biden mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin gebe es nicht. Es gehe nun darum, alles zu tun, um Griner und Whelan »nach Hause« zu holen.

Dialog über Gefangenenaustausch

Die US-Regierung gab bisher keine Details zu dem Angebot bekannt, das Russland gemacht wurde. In US-Medien wurde aber über einen Gefangenaustausch spekuliert. Demnach soll ein Austausch mit dem in den USA inhaftierten russischen Waffenhändler Viktor Bout Teil des Angebots sein. Moskau fordert seit Jahren die Auslieferung des früheren Sowjetoffiziers, der Regime und Rebellen in zahlreichen Ländern illegal mit Waffen ausgerüstet haben soll. Bout war als »Händler des Todes« berüchtigt.

Bereits im April hatten die USA und Russland inmitten des Ukraine-Kriegs überraschend Gefangene ausgetauscht. Am Flughafen der türkischen Hauptstadt Ankara war der Russe Konstantin Jaroschenko gegen den US-Amerikaner Trevor Reed ausgetauscht werden. Angesichts der verhärteten Fronten zwischen Washington und Moskau kam die Entwicklung damals besonders unerwartet.

Greiner hatte geringe Menge Haschisch-Öl dabei

Die US-Regierung kritisiert, dass Griner zu Unrecht festgehalten werde. Den Vorwurf, der Prozess gegen Griner sei politisch motiviert, weist Moskau zurück. Die US-Basketballerin war auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo festgenommen worden. Bei der Kontrolle ihres Gepäcks im Februar soll sie sogenannte Vape-Kartuschen und eine geringe Menge Haschisch-Öl bei sich gehabt haben.

Griner hat ihre Schuld eingestanden, verteidigte sich aber vor Gericht: Sie habe medizinisches Marihuana in Absprache mit ihrem Arzt als schmerzstillendes Mittel verwendet und nicht die Absicht gehabt, »irgendein Gesetz der Russischen Föderation zu verletzen«.

© dpa-infocom, dpa:220729-99-207082/8