Der Trierer Bischof Stephan Ackermann setzt bei angestrebten Reformen auf Unterstützung aus anderen Ländern. Er habe die Hoffnung auf eine »größere und breitere Bewegung«, die jetzt angestoßen werde, sagte der Bischof der Deutschen Presse-Agentur in Trier. »Nur die deutschen Bischöfe und Rom: Das reicht nicht. Das ist ja noch kein weltkirchlicher Dialog.«
Er hoffe, dass »auch andere Bischofskonferenzen oder Bischöfe Dinge, die sie eher im vertraulichen oder persönlichen Gespräch genannt haben, jetzt auch öffentlich sagen«. Es gebe Rückmeldungen aus anderen Ortskirchen, dass die beim deutschen Reformprozess »Synodaler Weg« behandelten Themen »nicht nur Fragen der deutschen Bischöfe sind«.
Die in den bisherigen Texten des »Synodalen Weges« in Deutschland festgelegten Positionen würden »in Rom sehr ernst genommen«, auch wenn der Vatikan konkrete Bedenken geäußert habe. Das Treffen der deutschen Bischöfe mit den Behördenchefs des Papstes Ende November sei dennoch »nur ein erster Schritt« gewesen, jetzt brauche es den Dialog. Ackermann ist überzeugt: »Der Reformprozess geht weiter. Da ist eine Dynamik entstanden, die lässt sich nicht wieder zurückdrehen.«
Insofern könne man sagen, dass die Reformbewegung Synodaler Weg »mit ihren Beiträgen für die Weltkirche schon Wirkung entfaltet«. Von daher sei er mit den bisherigen Ergebnissen zufrieden. Dass ein Text zur kirchlichen Sexualmoral bei der Abstimmung an der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit der Bischöfe scheiterte, hatte er bedauert. Die letzte Synodalversammlung soll nach gut drei Jahren ein letztes Mal im März 2023 zusammenkommen. Dann soll ein Synodaler Ausschuss starten, der den Reformprozess auf Dauer anlegt.
Bemühungen um Reformen
Deutsche Katholiken bemühen sich seit 2019 um Reformen bei Sexualmoral, Umgang mit Macht, Position der Frau und priesterliche Ehelosigkeit. Dieser Erneuerungsversuch wird Synodaler Weg genannt. Der Druck für Veränderungen in der katholischen Kirche Deutschlands geht vor allem auf den Missbrauchsskandal zurück. Hintergrund sind auch Hunderttausende Kirchenaustritte pro Jahr. Derzeit zählt die katholische Kirche in Deutschland rund 22 Millionen Mitglieder.
Ackermann sagte, er sehe die Gefahr, dass die Kirche ohne Reformen noch mehr Mitglieder verliere. Aber Fragen wie die der Amtstheologie könnten nicht die deutschen Bischöfe entscheiden, das sei »eigentlich eine Konzilsentscheidung«. Beim Priestertum der Frau gelte für ihn: »Da brauche ich noch mehr theologische Befassung.«
Die Weihe von Frauen zu Diakoninnen dagegen könne er sich vorstellen. Ebenso hoffe er, dass künftig auch »verheiratete, erprobte Männer« (viri probati) unter bestimmten Bedingungen Priester werden könnten. »Das ist ja keine dogmatische Frage«, sagte der Bischof.
Verständnis und Veränderung
Es habe sich im vergangenen Jahrzehnt aber auch schon viel getan in der deutschen katholischen Kirche, sagte Ackermann - und nannte als jüngstes Beispiel ein neues kirchliches Arbeitsrecht: Demnach sind eine gleichgeschlechtliche Ehe oder eine Wiederheirat nach Scheidung kein Grund für eine Kündigung von Mitarbeitern mehr.
Er warb um Verständnis, dass geforderten Reformen Zeit brauchten. »Bei komplexen Gebilden wie Kirche, Gesellschaft und Politik geht das nicht so schnell. Das Grundgesetz ändert man auch nicht von heute auf morgen«, sagte er.
Dass Mitglieder der römisch-katholischen Kirche zur alt-katholischen Kirche wechselten, könne er »nachvollziehen«, sagte Ackermann. »Aber es wäre für mich keine Alternative. Ich will keine andere Kirche, aber dass die Kirche anders wird.« Es gehe darum, »unsere Kirche« zu verändern. »Aber das kann ich nur in ihr.«
Bei den Alt-Katholiken gibt es Priesterinnen, es gibt keinen Zölibat (Ehelosigkeit), dafür flache Hierarchien. Prominentes Beispiel für einen Wechsel war der ehemalige Generalvikar des Bistums Speyer, Andreas Sturm, der seinen Übertritt zu den Alt-Katholiken im Sommer in einem Buch »Ich muss raus aus dieser Kirche« verarbeitete.
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