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Biden will Zugang zu Abtreibung schützen - Appell an Wähler

Beim Thema Abtreibung ist der Spielraum des US-Präsidenten begrenzt. Zuletzt gab es aber Vorwürfe, Biden würde nicht genug tun. Nun unterzeichnet er ein Dekret - aber sagt zugleich: Nur die Kongresswahlen im Herbst könnten etwas ändern.

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US-Präsident Joe Biden unterzeichnet im Beisein von Vizepräsidentin Kamala Harris und Gesundheitsminister Xavier Becerra das Dekret, das unter anderem der Zugang zu medikamentösen Schwangerschaftsabbrüchen regelt. Foto: Evan Vucci
US-Präsident Joe Biden unterzeichnet im Beisein von Vizepräsidentin Kamala Harris und Gesundheitsminister Xavier Becerra das Dekret, das unter anderem der Zugang zu medikamentösen Schwangerschaftsabbrüchen regelt.
Foto: Evan Vucci

US-Präsident Joe Biden will zwei Wochen nach der Abtreibungsentscheidung des Obersten US-Gerichts die Rechte von Frauen per Dekret stärken.

»Wir können nicht zulassen, dass ein außer Kontrolle geratener Supreme Court, der mit den extremsten Teilen der Republikanischen Partei zusammenarbeitet, uns Freiheiten und persönliche Unabhängigkeit nimmt«, sagte Biden im Weißen Haus bei der Unterzeichnung des entsprechenden Erlasses. Dieser sieht unter anderem vor, dass der Zugang zu Verhütungsmitteln und medikamentösen Schwangerschaftsabbrüchen sichergestellt werden soll. Auch die Daten von Frauen, die sich etwa über Abtreibungen informieren, sollen besser geschützt werden.

Es bleibt offen, wie viel Einfluss diese Maßnahmen tatsächlich haben werden und ob Bundesstaaten sie nicht zumindest zum Teil mit Gesetzen unterlaufen können. Der Supreme Court hatte das seit fast 50 Jahren bestehende Recht auf Abtreibung Ende Juni gekippt und argumentiert, es sei nicht in der Verfassung verankert. Da es kein landesweites Gesetz gibt, das das Recht schützt, liegt die Gesetzgebung aktuell bei den Bundesstaaten. An dieser Rechtslage ändert auch Bidens Erlass nichts.

Seine Maßnahmen sehen nun zum Beispiel vor, den Zugang zu medizinischer Notfallversorgung für Frauen sicherzustellen. Außerdem sollen das Justizministerium und die Rechtsabteilung des Weißen Hauses ein Team von Anwälten aufbauen, die unentgeltlich Frauen beraten oder vertreten, die wegen einer Abtreibung in juristische Schwierigkeiten geraten. Biden war zuletzt innerhalb seiner Partei unter Druck geraten, mehr zu tun, um das Recht auf Abtreibung zu schützen.

Biden appelliert an Wähler

So kam etwa die Forderung auf, dass die Biden-Regierung versuchen könnte, Abtreibungskliniken auf Bundesterritorium einzurichten, weil dort Gesetze der Bundesstaaten nicht gelten würden. Diesen Vorschlag hatte das Weiße Haus bisher wegen rechtlicher Bedenken verworfen. Biden setzt stattdessen darauf, mit dem Thema bei den im Herbst anstehenden Kongresswahlen mobilisieren zu können. Er hofft auf eine ausreichende Mehrheit, mit der seine Demokraten das Recht auf Abtreibung landesweit per Gesetz verankern könnten. Aktuelle Umfragen gehen aber eher von einem Stimmgewinn für die Republikaner aus.

»Ich hoffe und bin fest davon überzeugt, dass die Frauen tatsächlich in Rekordzahlen zur Wahl gehen werden, um die Rechte zurückzufordern, die ihnen vom Gericht genommen wurden«, sagte Biden. Dabei wandte er sich fast schon flehend an die Menschen im Land: »Wenn Sie die Bedingungen für Frauen und sogar kleine Mädchen in diesem Land ändern wollen, gehen Sie bitte wählen.« Er attackierte das Gericht mit seiner erzkonservativen Mehrheit erneut heftig. Die Entscheidung zum Recht auf Abtreibung sei die Ausübung »roher politischer Macht« gewesen.

Konservative Mehrheit am Supreme Court

»Das Gericht hat deutlich gemacht, dass es die Rechte von Frauen nicht schützen wird«, sagte Biden. Es treffe seine Entscheidungen auf Grundlage einer Interpretation der Verfassung, die in der Zeit stehen geblieben sei - als Frauen noch nicht einmal das Wahlrecht gehabt hätten. Der Supreme Court hat eine konservative Mehrheit von sechs zu drei Richterinnen und Richtern - mehrere gelten als ultrakonservativ und sehr religiös. Viele von ihnen wollen die Verfassung des Landes so auslegen, wie sie zum Zeitpunkt ihres Erlasses vor mehr als 200 Jahren von ihren Verfassern wohl gemeint war.

© dpa-infocom, dpa:220708-99-959663/2