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Beate Zschäpe im NSU-Prozess zu lebenslanger Haft verurteilt

Es ist ein historisches Urteil: Nach mehr als fünf Jahren NSU-Prozess wird Beate Zschäpe als Mörderin verurteilt, bekommt lebenslänglich. Doch der juristische Streit dürfte damit noch nicht zu Ende sein: Erwartet wird, dass der Bundesgerichtshof das Urteil überprüfen muss.

NSU Prozess
Die Angeklagte Beate Zschäpe sitzt im Gerichtssaal des Oberlandesgericht zwischen ihren Anwälten. Foto: Peter Kneffel
Die Angeklagte Beate Zschäpe sitzt im Gerichtssaal des Oberlandesgericht zwischen ihren Anwälten. Foto: Peter Kneffel

MÜNCHEN. Im NSU-Prozess ist die Hauptangeklagte Beate Zschäpe wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Oberlandesgericht München stellte am Mittwoch zudem die besondere Schwere der Schuld fest - damit ist eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren rechtlich zwar möglich, in der Praxis aber so gut wie ausgeschlossen.

Mit dem historischen Urteilsspruch folgte das Gericht dem Antrag der Bundesanwaltschaft und verurteilte Zschäpe als Mittäterin an den Morden und Anschlägen des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU). Der Mitangeklagte Ralf Wohlleben wurde als Waffenbeschaffer für den NSU zu zehn Jahren Haft verurteilt. Das Oberlandesgericht sprach ihn der Beihilfe zum Mord schuldig. Der Mitangeklagte Holger G. wurde zu drei Jahren Haft verurteilt, der Mitangeklagte André E. zu zwei Jahren und sechs Monaten, der Mitangeklagte Carsten S. zu drei Jahren Jugendstrafe.

Ismail und Ayse Yozgat
Ismail und Ayse Yozgat, Eltern des vom NSU ermordeten Halit Yozgat, kommen zum Oberlandesgericht in München. Foto: Matthias Balk
Ismail und Ayse Yozgat, Eltern des vom NSU ermordeten Halit Yozgat, kommen zum Oberlandesgericht in München. Foto: Matthias Balk

Damit endet nach mehr als fünf Jahren einer der längsten und aufwendigsten Indizienprozesse der deutschen Nachkriegsgeschichte. Es wurde aber damit gerechnet, dass Zschäpes Verteidiger Revision einlegen. Dann müsste der Bundesgerichtshof das Urteil überprüfen.

Zschäpe hatte fast 14 Jahre lang mit ihren Freunden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Untergrund gelebt. In dieser Zeit ermordeten die beiden Männer neun Gewerbetreibende türkischer oder griechischer Herkunft und eine deutsche Polizistin, zudem verübten sie zwei Bombenanschläge in Köln mit Dutzenden Verletzten.

Großer Andrang am OLG München
Zuschauer stehen Schlange vor dem Eingang zum NSU-Prozess am Oberlandesgericht München. Foto: Matthias Balk
Zuschauer stehen Schlange vor dem Eingang zum NSU-Prozess am Oberlandesgericht München. Foto: Matthias Balk

Zwar gibt es keinen Beweis, dass Zschäpe an einem der Tatorte war. Die Anklage hatte Zschäpe allerdings eine maßgebliche Rolle bei der Tarnung des Trios zugeschrieben und argumentiert, Zschäpe habe »alles gewusst, alles mitgetragen und auf ihre eigene Art mitgesteuert und mit bewirkt«. Dieser Argumentation folgte das Gericht nun mit seinem Urteil.

Demonstration vor dem NSU-Prozess
Demonstranten halten bei einer Kundgebung vor dem Oberlandesgericht in München Schilder mit Abbildungen der NSU-Opfer. Foto: Tobias Hase
Demonstranten halten bei einer Kundgebung vor dem Oberlandesgericht in München Schilder mit Abbildungen der NSU-Opfer. Foto: Tobias Hase

Zschäpes zwei Verteidiger-Teams hatten den Freispruch ihrer Mandantin von allen Morden und Anschlägen gefordert: Die 43-Jährige sei keine Mittäterin, keine Mörderin und keine Attentäterin. Zschäpe selbst hatte in schriftlichen Einlassungen geltend gemacht, sie habe von den Morden und Anschlägen ihrer Freunde immer erst im Nachhinein erfahren. »Bitte verurteilen Sie mich nicht stellvertretend für etwas, was ich weder gewollt noch getan habe«, hatte sie in ihrem persönlichen Schlusswort ans Gericht appelliert.

Zschäpes Vertrauensanwälte hatten eine Haftstrafe von unter zehn Jahren gefordert. Ihre ursprünglichen drei Verteidiger hatten die sofortige Freilassung beantragt, weil die Haftstrafe für die Brandstiftung mit der Untersuchungshaft schon abgegolten sei.

Vorbereitungen vor dem OLG München
Polizisten stellen vor dem Oberlandesgericht in München Zäune auf. Foto: Matthias Balk
Polizisten stellen vor dem Oberlandesgericht in München Zäune auf. Foto: Matthias Balk

Das Auffliegen des NSU im November 2011 hatte ein politisches Beben in Deutschland ausgelöst - weil eine rechtsextreme Terrorzelle jahrelang unbehelligt von den Behörden im Untergrund leben und mordend durch die Republik ziehen konnte. Jahrelang hatten die Ermittler zuvor falsche Fährten verfolgt und den rechtsextremen Hintergrund der Taten verkannt. Stattdessen wurden engste Familiengehörige als Verdächtige behandelt und drangsaliert. In der Folge wurden Untersuchungsausschüsse des Bundestages und mehrerer Landtage eingesetzt, um teils eklatante Behördenfehler aufzuklären.