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Baukindergeld sehr begehrt - doch bringt es überhaupt was?

Bereits eine Milliarde Euro ist verteilt. Das Baukindergeld lockt viele Familien an, damit der Traum vom Eigenheim Wirklichkeit wird. Spitzenreiter bei den Anträgen ist NRW. Doch bringt es überhaupt was?

BERLIN. Es ist wegen der hohen Kosten umstritten, soll aber Familien in Zeiten steigender Bau- und Immobilienpreise beim Erwerb von Eigentum helfen: Drei Monate nach Einführung des Baukindergelds haben bereits 47.741 Familien in Deutschland die Leistung beantragt.

Das geht aus Zahlen der für Anträge zuständigen KfW-Bankengruppe und des Bundesbauministeriums hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurden. Die meisten Anträge kamen aus Nordrhein-Westfalen (10.728), gefolgt von Baden-Württemberg (6407), Niedersachsen (6039) und Bayern (5928). Derzeit werden rund 3000 Anträge pro Woche gestellt, hieß es.

Für den Bau eines Hauses oder den Kauf einer Immobilie winkt ein staatlicher Zuschuss von 1200 Euro je Kind und Jahr - gezahlt über zehn Jahre. Also 12.000 Euro pro Kind. Verantwortlich für die hohe Antragszahl zum Start ist vor allem die Tatsache, dass der Zuschuss rückwirkend beantragt werden kann. Nämlich für alle Eltern oder Alleinerziehenden, die seit 1. Januar 2018 eine Baugenehmigungen erteilt bekommen, oder einen Kaufvertrag unterschrieben haben.

Letztmalig beantragt werden kann das Baukindergeld, wenn am 31. Dezember 2020 eine Baugenehmigung erteilt oder ein Kaufvertrag unterschrieben wird. Es läuft also über drei Jahre. Erwartungsgemäß habe es zum Start »eine Bugwelle an Anträgen« gegeben, sagte eine KfW-Sprecherin. Das Baukindergeld, das der früheren Eigenheimzulage ähnelt, kann seit 18. September beantragt werden. Pro Jahr gibt es ein Fördervolumen von rund drei Milliarden Euro - es ist eines der größten Projekte der großen Koalition aus Union und SPD, um Familien zu helfen, sich den Traum von den eigenen vier Wänden zu erfüllen.

Gewährt wird das Baukindergeld für Familien und Alleinerziehende bis zu einer Grenze von 90.000 Euro zu versteuerndem Haushaltseinkommen im Jahr bei einem Kind. Bei größeren Familien darf die Grenze pro Kind 15.000 Euro höher liegen. Man muss mit den Kindern in dem Haus oder der Wohnung auch selbst wohnen - und es kann nur einmal beantragt werden. Wichtig: Wer zwischen 1. Januar und dem Start des Baukindergelds am 18. September ein Bauprojekt gestartet oder eine Immobilie gekauft hat, muss sich sputen. Denn diese rückwirkenden Anträge können nur noch bis 31. Dezember gestellt werden. Deswegen ist in den letzten Wochen die Zahl der Anträge spürbar angestiegen.

Insgesamt bekommen bisher 82.865 Kinder mit Hilfe des Baukindergelds ein neues Zuhause. Die meisten Familien, die einen Antrag gestellt haben, haben ein oder zwei Kinder. Die wenigsten Anträge wurden in den Stadtstaaten Bremen (419), Hamburg (480) und Berlin (725) gestellt, und im Saarland (736). Bei im Schnitt zwei Kindern reicht das Fördervolumen im Jahr für 125.000 Anträge. »Wir gehen fest davon aus, dass die Mittel ausreichend sind«, sagte eine KfW-Sprecherin.

Ansonsten greift das »Windhund-Verfahren«: Wenn das Geld aufgebraucht ist, ist es aufgebraucht. Der Bund schießt nicht nach. Die Anträge können bei online über das KfW-Zuschussportal gestellt werden. Wegen des technischen Aufbaus des Programms und des erst dann möglichen Hochladens von Dokumenten wie Einkommensteuerbescheiden, Meldebescheinigung und Grundbuchauszug soll die Auszahlung erst ab März 2019 so richtig starten. Bundesbauminister Horst Seehofer (CDU) betonte, das Projekt ermögliche vielen Familien den Schritt in das Wohneigentum. »Auch als Absicherung im Alter.« Ingrid Hengster, Vorstandsmitglied der KfW-Bankengruppe meinte, die hohe Nachfrage zeige, das Zuschussprogramm treffe »den Nerv der Zeit«.

Scharfe Kritik kam von der FDP. »Gerade dort, wo die Wohnpreise jetzt schon am höchsten sind, wirkt das Baukindergeld nicht«, sagte Daniel Föst, bau- und wohnungspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion. »Kein Wunder, denn für die meisten Familien in den Metropolen ist ein Eigenheim ohnehin nicht mehr bezahlbar.« Das Baukindergeld fördert zudem völlig willkürlich vor allem dort, wo Familien sowieso bauen. »Es kommt ausschließlich zu Mitnahmeeffekten, es wird kein Eigenheim zusätzlich geschaffen und die Baupreise werden durch die Förderung dennoch kräftig steigen.« Statt ineffiziente Wahlgeschenke zu verteilen, sollte die Bundesregierung »endlich einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer ermöglichen.« Denn diese Ländersteuer frisst beim Immobilienkauf inzwischen oft das ganze Baukindergeld auf.

Die Union argumentiert, wenn Familien mit Hilfe des Baukindergelds von Mietwohnungen in eigene vier Wände ziehen, würden diese für andere frei. Zudem werde die Altersvorsorge gestärkt. Die SPD sieht das Projekt eher kritisch, da viele gut verdienende Familien, die ohnehin kaufen wollen, auf Kosten aller Steuerzahler eine Subvention erhalten. Und die Grünen kritisieren etwa, dass Mieten in Metropolen weiter steigen können, wenn noch mehr Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt werden sollten und so das Angebot weiter verknappt wird. (dpa)