Außenministerin Annalena Baerbock will die Verringerung der Abhängigkeit von Russland und China zu einem zentralen Thema des G7-Außenministertreffens in Münster machen.
Bei den Beratungen an diesem Donnerstag und Freitag werde man vor allen Dingen darüber sprechen, wie man aus der Abhängigkeit von Russland in der Vergangenheit lerne, »uns in Zukunft breiter aufzustellen gemeinsam als Demokratien und starke Industriestaaten«, sagte die Grünen-Politikerin zum Abschluss eines dreitägigen Besuches in Kasachstan und Usbekistan in der usbekischen Stadt Samarkand.
Man dürfe sich »nicht mehr von einem Land so fundamental abhängig machen, das unsere Werte nicht teilt, dass wir am Ende erpressbar werden«, sagte Baerbock. In Kasachstan und Usbekistan hatte die Ministerin seit Montag nach Wegen gesucht, die Kooperation mit beiden ehemaligen Sowjetrepubliken etwa im Energiebereich oder beim Thema Bodenschätze zu verstärken. Von Samarkand aus flog Baerbock am Nachmittag (Ortszeit) direkt zum G7-Treffen nach Münster.
Afrika im Fokus
Als wichtigen Kontinent, der zur Diversifizierung der Wirtschaftskontakte beitragen könne, nannte Baerbock auch Afrika. Die Industriestaaten hätten den dortigen Ländern 2015 das Versprechen gegeben, »dass wir gemeinsam Afrika elektrifizieren, und zwar mit grüner Energie. Und das müssen wir jetzt leisten.« Dafür seien Milliardeninvestitionen nötig, die man nur gemeinsam stemmen könne. Baerbock hat zur G7-Runde mehrere afrikanische Politiker eingeladen.
Vor dem G7-Treffen betonte die Ministerin vor dem Hintergrund des russischen Krieges: »Wir werden weiter die Ukraine mit allem, was wir haben, unterstützen, gerade mit Blick auf den Winter und darüber hinaus.« Das Thema Russland soll an diesem Donnerstag G7-Thema sein.
Baerbock unterstrich die Chancen für eine engere Kooperation mit Usbekistan und Kasachstan. Es gebe in beiden Ländern ein großes Interesse an einer stärkeren Zusammenarbeit mit Europa, allerdings nicht als komplette Abkehr von China und Russland. Dies sei angesichts der geografischen Lage und der historischen Verbindungen der Region eine Herausforderung, sagte sie.
Ein längerer Prozess
Über eine stärkere Zusammenarbeit mit beiden Ländern sagte die Ministerin: »Das wird kein sofortiger Schritt sein, sondern ein längerer Prozess.« Sie ergänzte: »Wir brauchen in Europa vor allen Dingen grünen Wasserstoff. Wir brauchen Rohstoffe. Ansonsten können wir die Digitalisierung, die Energiewende nicht gestalten.« Es sei zentral, »dass wir engere Handelsbeziehungen auf Grundlage von fairen Wettbewerbsbedingungen, von Menschenrechten und Umweltstandards gemeinsam ausbauen«. Auch dafür gebe es Interesse in den Ländern.
Baerbock besuchte ein von Deutschland unterstütztes Bewässerungsprojekt in der Nähe von Samarkand. Damit soll die regionale Annäherung der Staaten Zentralasiens unterstützt und der Dialog über die Folgen des Klimawandels gefördert werden. In einem Frauenhaus tauschte sie sich mit der Direktorin sowie mit von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen aus. Beim Besuch einer Jeansfabrik ging es um Lieferketten, Nachhaltigkeit beim Umgang mit Baumwolle und die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten.
Baerbock informierte sich auch über das Kulturerbe der jahrtausendealten Stadt Samarakand. Das als Oasenstadt gegründete Samarkand war früher Knotenpunkt von Karawanen. Die antike Seidenstraße zwischen China und dem Mittelmeer verlief durch den Ort.
Zentraler Platz und berühmteste Sehenswürdigkeit ist der Registan mit alten Koranschulen, einer Moschee und Majolika-Fliesen an Fassaden und Kuppeln. Die Unesco erklärte die Innenstadt 2001 zum Weltkulturerbe und lobte die »Meisterwerke islamischer Architektur«.
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