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Baerbock besucht mit Kuleba südukrainische Hafenstadt Odessa

Es ist ein Solidaritätsbesuch zum zweiten Jahrestag des Beginns des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Die Bundesaußenministerin ist bereits zum sechsten Mal seit Kriegsbeginn im Land.

Baerbock in der Ukraine
Außenministerin Annalena Baerbock und ihr ukrainischer Amtskollege Dmytro Kuleba beim Besuch der Verklärungskathedrale in der Hafenstadt Odessa. Foto: Kay Nietfeld/DPA
Außenministerin Annalena Baerbock und ihr ukrainischer Amtskollege Dmytro Kuleba beim Besuch der Verklärungskathedrale in der Hafenstadt Odessa.
Foto: Kay Nietfeld/DPA

Außenministerin Annalena Baerbock ist zum zweiten Jahrestag der russischen Invasion in die Ukraine gereist. Die Grünen-Politikerin traf am Samstag gemeinsam mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba zu einem aus Sicherheitsgründen zunächst geheim gehaltenen Besuch in der südlichen Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer ein. Es ist ihre sechste Reise in die Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs.

Baerbock hatte am Freitag in New York wie Kuleba an Sitzungen der UN-Generalversammlung und des Weltsicherheitsrats zum zweiten Jahrestag des Kriegsbeginns teilgenommen. Gemeinsam waren die beiden Politiker am Samstagmorgen an Bord eines deutschen Regierungsflugzeugs in Berlin eingetroffen. Von dort flogen Baerbock und Kuleba gemeinsam nach Moldau. Auf dem Landweg fuhren sie anschließend nach Odessa.

Treffen mit Kommandeur der ukrainischen Seestreitkräfte

Baerbock ließ sich zu Beginn ihres Besuches gemeinsam mit Kuleba im Hafen von Odessa über die aktuelle Lage informieren. Nach einer Besichtigung des Hafens, über den ein Großteil des ukrainischen Getreides exportiert wird, unterrichtete der Kommandeur der ukrainischen Seestreitkräfte Baerbock über die Sicherheitssituation im Schwarzen Meer. 

Die Ukraine ist einer der wichtigsten Getreideexporteure weltweit. Von Juli 2022 bis Juli 2023 hatte die auch unter Vermittlung der Türkei ausgehandelte sogenannte Schwarzmeer-Getreideinitiative die Ausfuhr von knapp 33 Millionen Tonnen Getreide ermöglicht. Nachdem Russland das Abkommen nicht verlängert hatte, richtete die Ukraine einen militärischen Sicherheitskorridor ein. Laut ukrainischer Regierung hat die Ukraine daraufhin innerhalb von sechs Monaten fast 20 Millionen Tonnen Fracht über das Schwarze Meer ausgeführt, davon 70 Prozent Agrarprodukte. Im Januar habe man das monatliche Vorkriegsniveau bei den Gesamtexportmengen auf dem Seeweg erreicht, hieß es.

Tote bei russischem Drohnenangriff auf Odessa

Vor dem Besuch Baerbocks waren binnen 24 Stunden zwei Drohnen in Odessa eingeschlagen. In einer zerstörten Näherei starben drei Menschen in den Flammen, dann in der Nacht zum Samstag in älterer Mann in einem kleinen Wohnhaus. Seine Frau wurde mit schweren Brandverletzungen unter den Trümmern geboren, wie Anwohner der Deutschen Presse-Agentur sagten. Am Samstag liefen noch Aufräumarbeiten am Ort der Explosion. In beiden Fällen waren jeweils mehreren Drohnen auf Ziele gesteuert worden. 

Die ukrainische Flugabwehr kann den überwiegenden Teil dieser Waffen nach eigenen Angaben zerstören. Einer ukrainischen Armeesprecherin zufolge wurden von Russland neun Drohnen in Richtung Odessa eingesetzt. Die Sprecherin bezeichnete den Angriff als weiteren Test der Flugabwehr durch das russische Militär. Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew hatte sich am Donnerstag für die Annexion Odessas ausgesprochen und betont: »Das ist unsere russische Stadt.«

Krisendiplomatie: G20-Treffen, Vereinte Nationen, Odessa

Baerbock war direkt von einem Treffen der Außenminister der G20-Runde führender und aufstrebender Wirtschaftsmächte im Rio de Janeiro am vergangenen Mittwoch und Donnerstag nach New York gereist. Auch in Brasilien waren die Diskussionen vom russischen Krieg gegen die Ukraine sowie dem Gaza-Krieg im Nahen Osten überlagert worden.

In der Generalversammlung der Vereinten Nationen hatte Baerbock die Weltgemeinschaft am Freitag aufgerufen, den Druck auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu erhöhen, den Krieg zu beenden. »Wenn uns eine Welt am Herzen liegt, in der jedes Leben gleich wichtig ist, liegt es an jedem einzelnen von uns, sich gegen den Krieg Russlands zu wehren«, sagte sie. Kuleba hatte in New York eine gemeinsame Erklärung von mehr als 50 Nationen vorgetragen, in der von Russland ein Ende des Krieges verlangt wird. Kuleba rief russische Partner wie Iran, Belarus und Nordkorea auf, Waffenlieferungen und andere Militärunterstützung Russlands einzustellen. Er bedankte sich für die Hilfe für sein Land und sagte: »Wir sind stark. Wir sind vereint. Wir sind entschlossen. Und wir werden liefern.«

Baerbock zuletzt Anfang Oktober in Kiew

Zuletzt hatte Baerbock Anfang Oktober in Kiew zusammen mit anderen EU-Außenministern bei einem historischen gemeinsamen Besuch ein Zeichen der Unterstützung für die Ukraine gesetzt. Es war nach damaligen Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell das erste Mal, dass es ein solches Treffen der Vertreter aller 27 EU-Staaten außerhalb der EU gab. 

Ukrainer trauern um die Toten

In der Ukraine trauern viele Menschen um ihre bei Angriffen oder an der Front getöteten Angehörigen und Freunde, wie auf einem Friedhof westlich von Odessa am Samstag. Dort brachten die Witwe Anna und ihr Schwiegervater Oleksandr eine Fahne und Süßigkeiten an das Grab des vor zwei Monaten im Alter von 38 Jahren getöteten Andriy. Er habe sich im März 2023 freiwillig gemeldet und bei den Kämpfen im Raum Bachmut gefallen, schilderten sie.  

© dpa-infocom, dpa:240224-99-110014/4