Der aus russischer Haft freigekommene Deutsch-Russe Kevin Lick hat nach eigenen Angaben erst auf der Fahrt zum Flughafen erfahren, dass es einen Gefangenenaustausch gibt. »Es wurde nichts gesagt«, berichtete der 19-Jährige, der Deutsch und Russisch spricht, in Bonn. Davor seien alle am Austausch teilnehmenden Personen in ein Gefängnis nach Moskau gebracht worden, erzählte er. Er ist einer von fünf Männern mit deutscher Staatsangehörigkeit, die im Zuge des großen Gefangenenaustauschs des Westens mit Moskau freikamen.
Lick war nach eigenen Worten mit 17 Jahren in ein russisches Straflager gekommen. Er sei in Einzelhaft gewesen. Man habe ihm Spionage vorgeworfen, berichtete der 1,92 Meter große, magere junge Mann, der auch am Tag nach der Ankunft in Deutschland noch die schwarze Kleidung des Straflagers trägt.
Bei der Begegnung mit Bundeskanzler Olaf Scholz am Flughafen Köln/Bonn habe er dem Politiker gesagt, er sei ihm sehr dankbar, dass er ihn herausgeholt habe, sagte er. Seine Mutter sei noch in Russland, und er hoffe, sie bald zu sehen.
»Ich habe natürlich Pläne«, sagte der 19-Jährige, »ich hatte keine Möglichkeit die Schule zu beenden und will auf jeden Fall das Abitur machen«, sagte Lick, der kurz geschorene Haare hat und nur 70 Kilogramm wiegt. Als er festgenommen wurde, habe er die zehnte Klasse besucht. »Ich habe sehr große Motivation, die Schule zu beenden.« Er sei in Montabaur aufgewachsen und mit zwölf Jahren nach Russland gekommen. Und er wolle studieren.
Lick hatte das Pressegespräch der ebenfalls freigekommenen russischen Oppositionellen Wladimir Kara-Mursa, Ilja Jaschin und Andrej Piwowarow im Gebäude der Deutschen Welle in Bonn verfolgt. Er sei wie sie in einem Krankenhaus untergebracht, berichtete der junge Mann.
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