Wegen der stockenden Waffenlieferungen in die Ukraine per Ringtausch zeigt sich nun auch die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann offen für die direkte Lieferung deutscher Panzer in das von Russland angegriffene Land.
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags räumt ein, dass die osteuropäischen Bündnispartner für ihre Waffenlieferungen in die Ukraine bisher nicht so schnell wie erwartet mit Ersatz ausgestattet werden konnten. »Wenn das für die Partner problematisch ist, sollten wir den Ringtausch einstellen und direkt an die Ukraine liefern - gegebenenfalls auch den (Kampfpanzer) Leopard 2. Die Zeit drängt«, sagte Strack-Zimmermann der Deutschen Presse-Agentur.
Die Idee des Ringtauschs entstand kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs. Ziel war es eigentlich, die Ukraine möglichst schnell mit schweren Waffen zu versorgen. Dazu sollten östliche Nato-Partner Waffen sowjetischer Bauart, mit denen die ukrainischen Soldaten ohne Zusatzausbildung umgehen können, zur Verfügung stellen. Als Ersatz sollten sie von Bündnispartnern wie Deutschland westliche Fabrikate erhalten.
Bundeswehr ist entsprechend ausgestattet
»Die Realität trifft beim Ringtausch, der grundsätzlich eine gute Idee ist, auf die Wünsche beziehungsweise Erwartungen der osteuropäischen Partner - und das passt irgendwie nicht zusammen, vor allem was die Zeitspanne der Lieferungen betrifft«, sagte Strack-Zimmermann. Natürlich könne Deutschland nicht so schnell liefern wie erwartet, sonst bräuchte die Bundeswehr ja nicht das 100 Milliarden Euro schwere Ausrüstungsprogramm. »So können wir nur Stück für Stück Material weitergeben«, sagte Strack-Zimmermann.
Sie verwies aber darauf, dass die Bundeswehr ausreichend Schützenpanzer Marder zur Weitergabe habe und diese auch innerhalb eines Jahres von der Industrie ersetzt bekäme. »Darüber hinaus könnten wir auch das Transportfahrzeug Fuchs direkt liefern«, sagte sie.
Zustimmung auch vom FDP-Generalsekretär
Auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai zeigte sich offen für direkte Panzerlieferungen an die Ukraine. Wenn das Verteidigungsministerium zu der Feststellung komme, dass der Ringtausch nicht funktioniere, »ist das ein Weg aus meiner Sicht zu sagen, ja, dann wird das direkt geliefert«, sagte Djir-Sarai am Montag im Deutschlandfunk.
»Es geht hier um konkrete Unterstützung der Ukraine in einer entscheidenden Phase des Krieges, und es geht auch um das Ansehen Deutschlands als Nato-Partner«, sagte Djir-Sarai. Es solle sehr rasch untersucht werden, »warum das Ganze nicht klappt« und wie man dies optimieren könne. Gegebenenfalls solle auch gesagt werden, »diese Konzeption des Ringtausches war in der Theorie richtig, aber leider in der Praxis nicht umsetzbar«.
Deutschland müsse der Ukraine Solidarität nicht nur mit Worten, sondern »konkret mit Taten und Handlungen« demonstrieren, mahnte der Außenpolitiker. An den Machtverhältnissen im Ukraine-Krieg habe sich nichts geändert - Russland verfüge nach wie vor über sehr viele Ressourcen. »Umso wichtiger ist es, in dieser Phase des Krieges weiterhin die Ukraine zu unterstützen. Zeit spielt eine sehr wichtige Rolle, und bei allen Debatten zum Thema Waffenlieferungen sollte man das immer berücksichtigen, dass die Zeitkomponente außerordentlich wichtig ist.«
Am Wochenende hatte sich bereits Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt von den Grünen offen für direkte Panzerlieferungen in die Ukraine gezeigt. Auch die Jungen Liberalen kritisierten das Ringtausch-Verfahren. »Die Bundesregierung sollte ihrer klar geäußerten Haltung, dass Russland diesen Krieg nicht gewinnen darf, deutliche Taten folgen lassen. Dazu zählt aus unserer Sicht auch die direkte Lieferung deutlich mehr schwerer Waffen an die Ukraine«, sagte die Vorsitzende der FDP-Jugendorganisation, Franziska Brandmann.
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