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Attacke auf Ehemann von Pelosi - Angst vor Gewalt wächst

Nancy Pelosi ist die Nummer drei in der politischen Rangfolge in den USA. Nun bricht ein Mann in ihr Haus ein und verletzt ihren Ehemann. Die Angst vor politisch motivierter Gewalt nimmt zu.

Nancy und Paul Pelosi
Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, und ihr Ehemann Paul. Foto: Kevin Wolf
Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, und ihr Ehemann Paul.
Foto: Kevin Wolf

Wenige Tage vor den Parlamentswahlen in den USA ist der Ehemann der Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi im Haus des Paars angegriffen und schwer verletzt worden. Mitten im aggressiv geführten Wahlkampf brach ein Mann nachts in San Francisco in das Haus ein und verlangte nach der Vorsitzenden des Repräsentantenhauses.

Die 82-jährige Demokratin war nicht zu Hause. Als die Polizei eintraf, schlug der Angreifer mit einem Hammer auf ihren gleichaltrigen Ehemann Paul Pelosi ein. Die Attacke verstärkte in den USA die Angst vor politisch motivierter Gewalt. Präsident Joe Biden zog eine Verbindung zur Rhetorik der Republikaner um Vorgänger Donald Trump.

Nancy Pelosi ist in der politischen Rangfolge der USA nach Biden und Vize-Präsidentin Kamala Harris die Nummer drei. Die Demokratin wird rund um die Uhr von Leibwächtern bewacht - für Familien auch prominenter Kongressmitglieder ist aber kein Schutz vorgesehen. Angesichts der seit Jahren aufgeheizten Stimmung in der polarisierten US-Politik wird dies von Experten kritisiert.

Paul Pelosi musste nach dem Angriff in der Nacht zum Freitag wegen eines Schädelbruchs und ernster Verletzungen am rechten Arm und den Händen operiert werden, wie ein Sprecher der Parlamentsvorsitzenden mitteilte. Die Ärzte erwarteten aber, dass er sich vollständig erholen werde. Nancy Pelosi teilte am Sonntag mit, dass sich der Zustand ihres Mannes verbessere. »Unsere Kinder, unsere Enkel und ich sind untröstlich und traumatisiert angesichts des lebensbedrohlichen Angriffs auf unseren Paps«, schrieb sie.

Der 42-jährige Angreifer wurde festgenommen. Medienberichten zufolge rief er bei dem Überfall: »Wo ist Nancy?« Er soll auch geplant haben, Paul Pelosi zu fesseln und auf die Rückkehr der Politikerin zu warten. Nancy Pelosi war jedoch in Washington. Nach Polizeiangaben gelang es ihrem Mann, den Notruf zu wählen. Er habe danach zwar nicht selbst über den Angriff berichten können - die Mitarbeiterin der Notruf-Hotline habe aber seine Unterhaltung mit dem Angreifer mitgehört und die Polizei losgeschickt.

Staatsanwaltschaft will rasch Anklage erheben

Nach Angaben der Polizei wurde der Angreifer unter dem Verdacht des versuchten Mordes, des Angriffs mit einer tödlichen Waffe, der Misshandlung älterer Menschen und des Einbruchs sowie anderer Verbrechen festgenommen. Die Staatsanwaltschaft will nun rasch Anklage erheben. Staatsanwältin Brooke Jenkins kündigte an, der 42-Jährige werde voraussichtlich am Dienstag vor Gericht erscheinen. Sie kündigte an, den mutmaßliche Täter »für seine abscheulichen Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen«.

Die Behörden machten zunächst keine Angaben zum mutmaßlichen Motiv . US-Medien fanden jedoch seine Online-Profile, wonach er sich für Verschwörungstheorien, Falschinformationen über die angebliche Gefahr von Corona-Impfstoffen sowie Trumps Lügen über Betrug bei der Präsidentenwahl 2020 interessierte. Nancy Pelosi ist ständiges Ziel verbaler Attacken der politischen Rechten. Trump nennt sie immer wieder »Crazy Nancy« (»Verrückte Nancy«) und machte sie über die Jahre zu einer Hassfigur für seine Anhänger.

Trump-Fans hatten auch bei der Erstürmung des US-Kapitols am 6. Januar 2021 nach Pelosi gesucht. Ihr Büro wurde dabei verwüstet. Die Parlamentsvorsitzende versuchte unterdessen von einem sicheren Ort aus, den Schutz des Gebäudes zu organisieren.

Biden: »Es gibt zu viel Hass«

Auch Biden betonte am Wochenende, dass die Angreifer im Kapitol unter anderem »Wo bist Du, Nancy?« riefen. Er machte die Republikaner für die Verrohung des politischen Klimas verantwortlich. »Was lässt uns denken, dass eine Partei über gestohlene Wahlen reden kann und dass Covid eine Lüge ist - und dass das keinen Einfluss auf Leute haben wird, die vielleicht nicht so ausgewogen sind.« Dieses Gerede müsse aufhören. »Es gibt zuviel politische Gewalt, zu viel Hass.«

Drohungen gegen Politiker und auch ihre Familienmitglieder nehmen in den USA schon seit einiger Zeit zu. Neben Demokraten sind oft auch Republikaner betroffen, die nicht der Trump-Linie folgen. In den vergangenen Monaten wurden Personen mit Waffen in der Nähe der Wohnhäuser der demokratischen Abgeordneten Pramila Jayapal und eines Richters am Obersten Gericht, Brett Kavanaugh, entdeckt. 2017 schoss ein Mann auf ein Softball-Training von Kongress-Abgeordneten und verletzte den einflussreichen Republikaner Steve Scalise. 2020 planten mehrere Männer die Entführung der demokratischen Gouverneurin des Bundesstaates Michigan, Gretchen Whitmer.

Im aktuellen Wahlkampf für die Kongresswahlen am 8. November greifen radikale Republikaner die Gegenkandidaten in Werbespots gezielt wegen angeblicher Nähe zu Pelosi an. Damit sehen Fernsehzuschauer täglich Clips, in denen Pelosi dämonisiert wird. 2021 war das Haus des Paares bereits mit Graffiti beschmiert worden. Unbekannte platzierten einen Schweinekopf auf den Gehweg. Am Freitag verurteilten Trumps Vizepräsident Mike Pence und der Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, die Attacke. Trump selbst ging nicht darauf ein.

Der republikanische Gouverneur des Bundesstaates Virginia, Glenn Youngkin, sagte bei einem Wahlkampfauftritt mit Bezug auf Pelosi: »Es gibt nirgendwo Platz für Gewalt - aber wir werden sie zurückschicken, damit sie mit ihm in Kalifornien sein kann.« Den Republikanern werden gute Chancen beigemessen, bei der Wahl die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückzuerobern.

Der frischgebackene Twitter-Besitzer Elon Musk verbreitete unterdessen an seine 112 Millionen Follower die im Widerspruch zu Polizeiangaben stehende Verschwörungstheorie, dass Paul Pelosi im Streit mit einem Mann verletzt worden sei, den er selbst ins Haus gelassen habe. Einige Stunden später war der Musk-Tweet gelöscht. Musk hatte vor dem Kauf behauptet, Twitter schränke zu sehr die Redefreiheit ein. Das weckte Sorgen, dass es mit ihm mehr Hassrede und einen aggressiveren Ton auf der Plattform geben könnte.

© dpa-infocom, dpa:221030-99-314618/6