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Anstieg schwerer Corona-Fälle deutet sich an

Die Corona-Fallzahlen steigen. Inzwischen macht sich die Herbstwelle zunehmend auch in Kliniken bemerkbar. Die Daten dazu halten allerdings Fallstricke bereit.

Oktoberfest
Oktoberfestbesucher in einem voll besetzten Festzelt. Foto: Karl-Josef Hildenbrand
Oktoberfestbesucher in einem voll besetzten Festzelt.
Foto: Karl-Josef Hildenbrand

Im Zuge der Corona-Herbstwelle deutet sich inzwischen auch ein Anstieg bei der Zahl schwerer, im Krankenhaus zu behandelnder Verläufe an. Die Interpretation bestimmter Daten zur Krankheitsschwere sei allerdings schwierig, erläutert das Robert Koch-Institut (RKI) in seinem aktuellen Wochenbericht. So würden in der Statistik auch Fälle mit aufgeführt, »die aufgrund einer anderen Erkrankung ins Krankenhaus kommen oder intensivmedizinisch behandelt werden müssen und bei denen die Sars-CoV-2-Diagnose nicht im Vordergrund der Erkrankung bzw. Behandlung steht«.

Nach wie vor sind es vor allem Menschen aus einer bestimmten Gruppe, die wegen Covid-19 auf Intensivstationen liegen: »Vor allem die Menschen, die nicht vollständig geimpft und über 60 Jahre alt sind und relevante Vorerkrankungen haben«, erklärte Gernot Marx, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), am Freitag. Seit zwei Wochen nehme die Zahl der intensivpflichtigen Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen wieder zu.

Der Anstieg in den Krankenhäusern ist unter anderem in Bayern sichtbar: München meldete am Freitag eine Belegung von 552 Patienten mit Corona auf Normal-, Intensiv- und Übergangsstationen, 47 Prozent mehr als vor einer Woche. Bayernweit stieg die Zahl der binnen einer Woche mit oder wegen Corona eingelieferten Patienten auf ein Allzeithoch von 1849, wie aus Zahlen des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hervorgeht.

Kliniken: Viele Mitarbeitende an Corona erkrankt

Beide Zahlen enthalten allerdings einen hohen Anteil von Patienten, die aus anderen Gründen eingeliefert und im Krankenhaus positiv getestet wurden. Mehrere Krankenhäuser sehen die Patienten, die mit und nicht wegen Corona kommen, sogar in der Überzahl.

Einige Kliniken sprachen bereits von einer angespannten Lage unter anderem wegen vieler selbst an Covid-19 erkrankter Mitarbeiter. Es komme zu Einschränkungen bei planbaren Operationen und in Einzelfällen zu Stationsschließungen, hieß es von den Kliniken der Ludwig-Maximilians-Universität. Auch die Helios Kliniken Oberbayern berichten von steigenden Corona-Zahlen - vor allem auf ihren Normalstationen - und von mehr infizierten Mitarbeitern.

Folgen hat die angespannte Lage der Kliniken auch für Rettungsdienst und Notaufnahmen. Gerade in Oberbayern müsse man teilweise bis zu eineinhalb Stunden fahren, um Patienten unterzubringen, sagte ein Sprecher des Bayerischen Roten Kreuzes. »Seit etwa eineinhalb bis zwei Wochen verschärft sich die Lage wieder.« Das sei für die Patienten und Mitarbeiter sehr belastend und gefährde in letzter Konsequenz Leben.

Intensivmediziner warnen vor Personalausfall

»Die größte Sorge von uns Intensivmedizinern gilt, wie auch schon in diesem Sommer, den vielen Ausfällen von Mitarbeitenden durch Covid-19, die mit Symptomen nicht arbeiten können, sich aber auch ohne Symptome natürlich isolieren müssen«, sagte Divi-Präsident Marx. »Ohne diese Mitarbeitende kann der reguläre Betrieb auf den Intensivstationen und auch in den Notaufnahmen wie Normalstationen nicht aufrechterhalten werden. Wir haben dann also wieder weniger betreibbare Betten, werden wieder OPs verschieben müssen.«

Die Problematik, dass die Daten zur Zahl der Intensivpatienten ebenso wie die Hospitalisierungsinzidenz keine Unterscheidung zwischen Patienten erlauben, die wegen Covid-19 oder aber lediglich mit einem Sars-CoV-2-Nachweis behandelt werden, ist lange bekannt. Verbesserungen sind seit Monaten angekündigt. Kliniken argumentierten aber zum Beispiel auch, dass der Aufwand für die Isolierung bei allen positiv getesteten Patienten gleich hoch sei.

Speziell in Bayern gehen die im bundesweiten Vergleich hohen Fallzahlen nach Experten-Einschätzungen auch auf das Anfang der Woche beendete Oktoberfest zurück. Auffällig beim Vergleich der 7-Tage-Inzidenzen ist eine gewisse Ballung um München herum: Sowohl die Stadt als auch drei der vier direkt angrenzenden Landkreise liegen nun über 1000, der Landkreis München nur relativ knapp darunter. Insgesamt meldete das Robert Koch-Institut für neun bayerische Landkreise und die Landeshauptstadt München Werte über 1000.

Oktoberfest-Effekt?

Schon in der zweiten Oktoberfestwoche waren die Zahlen in München sehr stark gestiegen. Zwar legen die Inzidenzen auch bundesweit merklich zu - zuletzt aber nur im Saarland im Wochenvergleich noch stärker als in Bayern. Für das Saarland meldete das Robert Koch-Institut am Freitag eine Inzidenz von 1119,4, für Bayern einen Wert von 818. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz wurde mit 577,5 angegeben (Vorwoche: 466,0; Vormonat: 217,2).

Allerdings liefert dieser Wert nur ein sehr unvollständiges Bild der Infektionszahlen. Experten gehen von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Fälle aus - vor allem weil bei weitem nicht alle Infizierte einen PCR-Test machen lassen. Nur positive PCR-Tests zählen in der Statistik. Zudem können Nachmeldungen oder Übermittlungsprobleme zu einer Verzerrung einzelner Tageswerte führen.

RKI-Wochenbericht vom 6.10.

© dpa-infocom, dpa:221007-99-43010/3