Mehr als 30 Jahre nach einem Brandanschlag auf ein Asylbewerberwohnheim mit einem Toten in Saarlouis ist ein mutmaßlicher Täter in Untersuchungshaft gekommen.
Der Rechtsextremist aus dem Raum Saarlouis war zuvor nach seiner Festnahme dem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof vorgeführt worden, wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe am Montag mitteilte. Gegen den 50 Jahre alten Deutschen bestehe der dringende Tatverdacht des Mordes, des versuchten Mordes zum Nachteil von 20 Menschen sowie der Brandstiftung mit Todesfolge. Die saarländische Polizei räumte Versäumnisse bei den ursprünglichen Ermittlungen ein.
27-Jähriger aus Ghana gestorben
Laut Bundesanwaltschaft hat der Beschuldigte am 19. September 1991 »aus seiner rechtsextremistischen und rassistischen Gesinnung« den Brand gelegt. Er habe im Treppenhaus des Erdgeschosses der Unterkunft Benzin ausgegossen und entzündet. Das Feuer habe sich schnell im gesamten Treppenhaus ausgebreitet und im Flur des Dachgeschosses den 27 Jahre alten Asylbewerber Samuel Kofi Yeboah aus Ghana erfasst.
Er erlitt schwerste Verbrennungen und eine Rauchvergiftung, die noch am Tattag zu seinem Tod führten. Zwei weitere Bewohner der Unterkunft zogen sich durch Sprünge aus dem Fenster Knochenbrüche zu. Die übrigen 18 Bewohner brachten sich in Sicherheit.
Nach Angaben der Bundesanwaltschaft hatte sich der Beschuldigte am Abend vor der Tat in einer Gaststätte mit rechtsextremistischen Gesinnungsgenossen getroffen. Dort sei über die rassistisch motivierten Anschläge auf Unterkünfte für Ausländer in Hoyerswerda gesprochen worden. Die Gesprächsteilnehmer sollen deutlich gemacht haben, dass sie solche Anschläge auch in Saarlouis begrüßen würden. In der sächsischen Stadt Hoyerswerda war es im September 1991 zu schweren rassistischen Ausschreitungen gekommen, an denen sich Hunderte Menschen beteiligten.
Die Bundesanwaltschaft hatte am 16. April 2020 die Ermittlungen übernommen. Die seinerzeit bei der saarländischen Landesjustiz gegen unbekannt geführten Ermittlungen waren eingestellt worden, da ein Täter nicht ermittelt werden konnte. Auf Grundlage neuer Erkenntnisse nahm laut Bundesanwaltschaft die Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken das Verfahren wieder auf.
Versäumnisse bei der ursprünglichen Polizeiarbeit
Durchsuchungen in den Wohnräumen des mutmaßlichen Täters hatte es bereits Anfang 2021 gegeben. Darauf erfolgten umfangreiche Ermittlungen mit vielen Zeugenbefragungen, aus denen sich jetzt der dringende Tatverdacht ergab.
Die saarländische Polizei räumte am Montag Versäumnisse bei der ursprünglichen Polizeiarbeit ein. Eine vom Landespolizeipräsidium im August 2020 eingesetzte Arbeitsgruppe (AG) »Causa« habe festgestellt, dass die damalige Organisationsstruktur in Teilen nicht richtig funktioniert habe, teilte die Polizei in Saarbrücken mit. So wurden »Defizite etwa bei der Erhebung, Bewertung und Weitergabe von Informationen« festgestellt.
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