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Ampel-Regierung uneins über Plan für Verbrenner-Autos

Nach dem Willen des EU-Parlaments soll es künftig Neuwagen mit Verbrennermotor nicht mehr geben. Deutschland und andere Länder müssen sich positionieren. In Berlin fehlt eine gemeinsame Haltung.

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Aus für Neuwagen mit Verbrennermotoren? Die EU-Pläne sorgen in der Berliner Ampel für Unstimmigkeiten. Foto: Fabian Sommer
Aus für Neuwagen mit Verbrennermotoren? Die EU-Pläne sorgen in der Berliner Ampel für Unstimmigkeiten.
Foto: Fabian Sommer

In der Ampel-Koalition bahnt sich ein Krach an um die Haltung zu einem möglichen Verkaufsverbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 auf EU-Ebene.

Verkehrsminister Volker Wissing und Finanzminister Christian Lindner (beide FDP) lehnten ein Verbot am Donnerstag in Berlin ab. Vertreter der Grünen sowie der SPD dagegen stellten sich hinter einen Beschluss des EU-Parlaments. Offen ist nun, wie Deutschland auf EU-Ebene abstimmen wird.

EU will Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 verbieten

Das EU-Parlament will den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 verbieten. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte am Mittwoch in Straßburg dafür, dass Hersteller ab Mitte des nächsten Jahrzehnts nur noch Autos und Transporter auf den Markt bringen dürfen, die keine klimaschädlichen Treibhausgase ausstoßen. Bevor eine solche Regelung in Kraft treten kann, muss aber das Parlament noch mit den EU-Staaten darüber verhandeln.

Wissing sagte, die Entscheidung des EU-Parlaments zum Verbrennungsmotor »findet nicht unsere Zustimmung. Das Aus bedeutet für die Bürgerinnen und Bürger einen harten Schritt.« Am Verbrennungsmotor hingen viele Arbeitsplätze. »Wir wollen, dass auch nach 2035 Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor neu zugelassen werden können, wenn diese nachweisbar nur mit E-Fuels betankbar sind. Eine Zulassung von klimaneutralen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor entspricht dem wichtigen Prinzip der Technologieoffenheit.«

Lindner für Änderungen - Zustimmung nicht vorstellbar

Lindner sagte der Deutschen Presse-Agentur, der Beschluss des Europäischen Parlaments widerspreche dem Geist des Koalitionsvertrags von SPD, Grünen und FDP. »Wir wollten ausdrücklich eine Zukunftsoption für klimafreundliche Flüssigkraftstoffe in neuen Verbrennungsmotoren.« Deshalb müsse die gesamte Bundesregierung nun »Änderungen für Technologieoffenheit anstreben«. Sonst sei eine Zustimmung Deutschlands nicht vorstellbar.

Die Abgeordneten des EU-Parlaments sprachen sich dafür aus, dass klimafreundliche synthetische Kraftstoffe nicht positiv auf die neuen CO2-Flottengrenzwerte angerechnet werden sollen. Mit diesen könnte ein klassischer Verbrenner klimaneutral betrieben werden. Kritiker befürchten jedoch, dass es von dem »grünen« Kraftstoff schon zu wenig für Luft- und Schifffahrt gibt, die weniger leicht als Autos oder Transporter elektrisch betrieben werden können.

Umweltministerin begrüßt EU-Plan

Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte sich im März in Brüssel im Namen der Bundesregierung ausdrücklich hinter die im vergangenen Jahr verschärften Klimaziele der EU-Kommission gestellt. Das bedeute, mit Verbrennermotoren bei Pkw und Transportern bis 2035 abzuschließen, sagte sie. Zudem hatte sie erklärt: »Mit E-Fuels betriebene Verbrennungsmotoren sind nach 2035 nur außerhalb der CO2-Flottengrenzwerte eine Option.« Diese besagen, wie viel CO2 die von Herstellern neu gebauten Autos und Transporter ausstoßen dürfen.

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sagte: »Je früher wir in Europa den Umstieg schaffen und uns aus der Abhängigkeit teurer fossiler Energie lösen, desto besser stehen wir im globalen Wettbewerb da.« Es gebe im Koalitionsvertrag die klare Vereinbarung, auf europäischer Ebene zu unterstützen, dass ab 2035 nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge zugelassen werden dürfen: »Für Deutschland muss dies entsprechend früher gelten.«

SPD-Fraktionsvize Detlef Müller sagte, ein Verbrennerverbot 2035 sei industrie- und verkehrspolitisch herausfordernd: »Aber es ist umsetzbar.« Der Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Alexander Dobrindt, dagegen sagte: »Dem Verbrenner-Motor in Europa die Zukunftsperspektive zu nehmen, ist ein schwerer Fehler.«

Kritik vom Verband der Automobilindustrie

Kritik kam auch vom Verband der Automobilindustrie. Präsidentin Hildegard Müller sprach von einer Entscheidung des EU-Parlaments »gegen die Bürger, gegen den Markt, gegen Innovation und gegen moderne Technologien«. In weiten Teilen Europas gebe es für E-Autos keine ausreichende Ladeinfrastruktur. Der ARD sagte sie, synthetische Kraftstoffe seien wichtig, damit die Autos, die bereits im Markt sind, weniger klimaschädlich betrieben werden könnten.

Die großen Automobilhersteller VW und Mercedes-Benz zeigten sich hingegen aufgeschlossen. Es sei ein »ambitioniertes, aber erreichbares Ziel« formuliert worden, hieß es bei VW. »Die Wende zur Elektromobilität ist unumkehrbar. Sie ist die ökologisch, technologisch und wirtschaftlich einzig sinnvolle Möglichkeit, um Verbrennungsmotoren schnellstmöglich zu ersetzen.«

Der Autohersteller Mercedes-Benz begrüßte grundsätzlich das Votum der EU-Abgeordneten: »Bis 2030 sind wir bereit, überall dort vollelektrisch zu werden, wo es die Marktbedingungen zulassen«, sagte der Leiter des Bereichs Außenbeziehungen des Konzerns, Eckart von Klaeden.

Umweltorganisationen begrüßten das Votum des EU-Parlaments zumeist. So sagte BUND-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg, der Verbrennungsmotor sei ein Auslaufmodell, das müsse nun allen Beteiligten klar sein. Der Deutschen Umwelthilfe geht die Maßnahme nicht weit genug, sie fordert ein Verbrenner-Aus schon ab 2030.

© dpa-infocom, dpa:220609-99-599972/8