Berlin (dpa) - Strukturschwache Regionen im Westen können ab Jahresbeginn mit mehr finanzieller Unterstützung rechnen. Grund ist ein neues gesamtdeutsches Fördersystem. Der Osten soll aber nicht vernachlässigt werden, wie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier deutlich machte.
»Ostdeutsche Regionen erhalten Verlässlichkeit auch für die Zukunft; westdeutsche strukturschwache Regionen werden in das neue gesamtdeutsche Fördersystem einbezogen«, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. »Damit erhalten alle Menschen in allen Regionen Deutschlands gleiche Chancen auf wirtschaftliches Wachstum und Beschäftigung.«
Zum 1. Januar werden die regionalen Förderprogramme der Bundesregierung in einem neuen gesamtdeutschen Fördersystem gebündelt. Insgesamt stehen dann nach Angaben des Wirtschaftsministeriums 22 Bundesprogramme zur regionalen Förderung zur Verfügung. Dies sei ein »Meilenstein« für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland, sagte Altmaier.
»Mir ist wichtig, dass wir nicht nach Himmelsrichtung, sondern nach Bedarf unterstützen und gleichermaßen ländliche wie städtische Regionen in den Blick nehmen.« Gleichzeitig wolle die Bundesregierung einen stärkeren Schwerpunkt auf die Förderung von Innovationen setzen, sagte Altmaier. »Denn Forschung, Innovationen und Digitalisierung sind gerade in strukturschwachen Regionen ein zentraler Hebel, um wirtschaftlich aufzuschließen.«
Nach der Wiedervereinigung war die regionale Strukturpolitik vor allem auf das Zusammenwachsen von Ost und West ausgerichtet. Dies wurde in den vergangenen 15 Jahren erheblich durch den Solidarpakt II unterstützt, der Ende 2019 ausläuft. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums umfasste der Solidarpakt II neben direkten Finanzhilfen in Höhe von 105 Milliarden Euro weitere rund 51 Milliarden Euro als Förderleistungen aus dem Bundeshaushalt.
Als strukturschwach werden Regionen mit einer hohen Arbeitslosigkeit, großem Nachholbedarf bei der Infrastruktur oder einer nachteiligen demografischen Entwicklung bezeichnet. Im Westen sind dies etwa Bremen, Teile des Ruhrgebietes und des Saarlandes.
Altmaier sagte, verschiedene Förderprogramme seien aufgestockt worden. So stünden für die ländliche Entwicklung im kommenden Jahr mit 200 Millionen ein Drittel mehr Haushaltsmittel als im Vorjahr zur Verfügung. Außerdem könnten künftig Mittel, die in einem Haushaltsjahr nicht abgerufen worden seien, auch über dieses hinaus für Ideenwettbewerbe für Regionen eingesetzt werden.
»Der Wechsel bei der Regionalförderung ist überfällig«, sagte Martin Gornig, Forschungsdirektor Industriepolitik am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), der dpa. »Es gibt große Unterschiede nicht zwischen Ost und West, sondern vielmehr zwischen Stadt und Land, zwischen industriestarken und eher ländlichen Regionen.«
Das neue Fördersystem ermögliche einen integrierten Ansatz und habe den Charakter eines regionalen Entwicklungsprogramms, sagte Gornig. »Es geht um eine bessere Infrastruktur, um die Daseinsvorsorge, um Ideen. Der Wettbewerb wird gefördert. Die Aktiven bekommen mehr, die Passiven weniger. Die passive Kommune im Ruhrgebiet ist künftig genau so der Verlierer wie die passive Kommune im Osten.«
Gleichzeitig mit dem Start des neuen gesamtdeutschen Fördersystems für strukturschwache Regionen tritt Anfang 2020 nach Angaben des Wirtschaftsministeriums ein neuer Koordinierungsrahmen der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe »Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur« in Kraft.
Dafür stelle der Bund jährlich 600 Millionen Euro bereit. Zusammen mit dem Finanzierungsanteil der Länder in gleicher Höhe könnten jährlich 1,2 Milliarden Euro eingesetzt werden. Dabei gehe es etwa darum, Investitionen für eine stärkere Unternehmensansiedlung oder zur Erschließung von Gewerbegebieten zu fördern.