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Acht Jahre als Botschafter: Melnyk hat Deutschland verlassen

Die einen sahen ihn als Nervensäge, die anderen bewunderten seinen unnachgiebigen Einsatz für sein Land: Jetzt hat der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk Deutschland verlassen.

Andrij Melnyk
Andrij Melnyk hat Deutschland verlassen. Foto: Michael Kappeler
Andrij Melnyk hat Deutschland verlassen.
Foto: Michael Kappeler

Nach fast acht Jahren als ukrainischer Botschafter in Deutschland ist Andrij Melnyk in die Ukraine zurückgekehrt. Am Samstagmorgen brach er in Berlin mit dem Auto auf und überquerte am Abend die Grenze zur Ukraine. »Home Sweet Home«, schrieb er vom Grenzübergang auf Twitter. »Unser Kampf geht weiter. Die Ukraine wird siegen. Liebe deutsche Freunde, danke für alles. Und auf Wiedersehen.«

Am Montag wird sein Nachfolger Oleksii Makeiev in Berlin erwartet. Der Wechsel an der Spitze der Botschaft wird formell aber erst mit der Akkreditierung bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vollzogen, für die es noch keinen offiziellen Termin gibt.

Der 47-jährige Melnyk war im Januar 2015 Botschafter in Deutschland geworden und hat sich hier mit einer für einen Diplomaten ungewöhnlich harten Gangart gegen die deutsche Staatsführung einen Namen gemacht. In den ersten Kriegsmonaten wurde Melnyk zu einem der häufigsten Gäste in deutschen Talkshows. Kaum ein Tag verging, an dem er nicht Kampfpanzer und Luftabwehrgeschütze forderte und der Regierung Zögern und Zaudern vorwarf.

Melnyk sieht seine Aufgabe erfüllt

»Ich glaube, es ist mir gelungen, die Deutschen für das Thema Ukraine zu interessieren, dafür zu sorgen, dass man die Ukraine hier wirklich erkennt und versteht«, sagte Melnyk der dpa vor seiner Abreise. »Wenn ich jetzt nach Hause komme, erfüllt es mich mit Stolz, dass viele Waffensysteme aus Deutschland geliefert wurden, die uns helfen, die besetzten Gebiete und unsere Landsleute Schritt für Schritt zu befreien.« Melnyk betonte aber auch, dass noch mehr geliefert werden müsse, »um die Russen zu vertreiben«.

Melnyks Familie bleibt zunächst in Deutschland, vor allem wegen seiner Tochter (11), die in Berlin zur Schule geht. Sein Sohn (20) studiert hier.

Melnyk selbst ist nun als Vizeaußenminister im Gespräch, ein Posten, den er schon früher einmal hatte. Die Regierung hat aber noch nicht abschließend darüber entschieden. »Deswegen bin ich selbst gespannt, was auf mich zukommt. Ich werde wahrscheinlich am Dienstag Präsident Selenskyj sehen. Und er wird mir dann hoffentlich persönlich sagen, wo er mich in seinem großen Team sieht«, sagte Melnyk der dpa.

In die deutsche Politik will er sich auch als Ex-Botschafter hin und wieder mit Wortmeldungen einmischen: »Ich kann nicht versprechen, dass ich die Klappe halten werde«, sagte er vor seiner Abreise.

© dpa-infocom, dpa:221015-99-136281/6