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Abhängig von Mariupol: Selenskyj droht mit Verhandlungs-Ende

Präsident Selenskyj ist in Sorge um Soldaten in Mariupol. Sollten sie getötet werden, könnten die ohnehin schwierigen Friedensverhandlungen bald von ukrainischer Seite beendet werden.

Wolodymyr Selenskyj
Wolodymyr Selenskyj während einer Videobotschaft. Foto: Uncredited
Wolodymyr Selenskyj während einer Videobotschaft.
Foto: Uncredited

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland mit einem Ende der Friedensverhandlungen gedroht, falls die ukrainischen Kämpfer in der Hafenstadt Mariupol getötet werden sollten.

»Die Vernichtung unserer Jungs in Mariupol, das was sie gerade tun (...), könnte einen Schlusstrich unter jede Form von Verhandlungen setzen«, sagte Selenskyj in einem am Samstag veröffentlichten Interview mit örtlichen Internetmedien.

Die russischen Truppen verhielten sich gegenüber den verschiedenen ukrainischen Einheiten unterschiedlich. »Es gibt dort Militärs, welche sie absolut hassen, und ich glaube nicht, dass sie diese am Leben lassen«, sagte der ukrainische Staatschef mit Blick auf das von Nationalisten dominierte Regiment »Asow«.

Ukrainische Kämpfer verschanzen sich im Stahlwerk

»Wir sind in Verbindung mit den Jungs im eingeschlossenen Werk«, sagte Selenskyj. Die verbliebenen ukrainischen Kämpfer haben sich im Stahlwerk Asowstal verschanzt. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar wurde Mariupol Anfang März komplett von russischen Truppen eingeschlossen. Russlands Armee gibt an, die Stadt am Asowschen Meer größtenteils erobert zu haben.

Selenskyj erteilte zudem den von Moskau geforderten Gebietsabtretungen ein weiteres Mal eine Absage. »Wir handeln nicht mit Territorien und mit unseren Menschen«, sagte der 44-Jährige. Die Verhandlungen, die eine russische und eine ukrainische Delegation kurz nach Kriegsbeginn begonnen hatten, seien jedoch notwendig, um den ukrainischen Staat zu verteidigen und die Kämpfe zu beenden.

Selenskyj: Welt muss wegen Atomwaffen besorgt sein

Außerdem warnte Selenskyj vor einem russischen Einsatz von Atombomben. »Nicht nur ich - die ganze Welt, alle Länder müssen besorgt sein, denn es kann sich nicht um echte Informationen handeln, aber es kann die Wahrheit sein«, sagte Selenskyj im Interview mit dem Sender CNN.

Selenskyj reagierte auf Äußerungen des CIA-Chefs Bill Burns. Der Chef des US-Auslandsgeheimdienstes hatte angesichts der militärischen Rückschlage für Russland in der Ukraine betont, dass die mögliche Bedrohung eines russischen Einsatzes taktischer Atombomben nicht auf die leichte Schulter genommen werden dürfe.

Selenskyj sagte in dem am Samstag von dem US-Sender veröffentlichtem Interviewausschnitt weiter auf Englisch, dass für Russland Menschenleben nichts wert seien. Es gelte nun aber auch mit Blick auf chemische Waffen, keine Angst zu haben, sondern stattdessen bereit zu sein. »Aber das ist keine Frage für die Ukraine, nicht nur für die Ukraine, sondern für die ganze Welt, denke ich«, so Selenskyj weiter. Das gesamte Interview sollte am Sonntag ausgestrahlt werden.

Sorge über Atomwaffenpläne Moskaus wächst

Unter taktischen Atomwaffen oder nuklearen Gefechtsfeldwaffen versteht man Kernwaffen, deren Wirkungskreis und Sprengkraft deutlich geringer ist als bei strategischen Atomwaffen, die über einen Kontinent hinaus eingesetzt werden können.

Die Sorge im Westen über mögliche Atomwaffenpläne Moskaus war gestiegen, nachdem Putin zum Auftakt des Kriegs in der Ukraine die russischen Abschreckungswaffen in erhöhte Alarmbereitschaft versetzen ließ. Zu diesen Waffen zählt Russland auch seine Atombomben.

© dpa-infocom, dpa:220416-99-940277/2