In den Bundesländern sorgt die sogenannte Hotspot-Regel für Corona-Maßnahmen angesichts zahlreicher Neuinfektionen für Verärgerung.
In den Landesregierungen herrscht große Uneinigkeit in der Frage, ob die rechtlichen Voraussetzungen zur Feststellung von Hotspots mit hohen Infektionen derzeit erfüllt sind oder nicht, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur in den 16 Ländern ergab. In Hotspots sind unter bestimmten Bedingungen zwar auch nicht mehr alle früheren Schutzmaßnahmen möglich, aber mehr als im Rahmen des Basisschutzes.
Am Wochenende überschritt die bundesweite Zahl der nachgewiesenen Corona-Infektionen seit Beginn der Pandemie die Marke von 20 Millionen. Das Robert Koch-Institut (RKI) gab den Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche am Sonntag mit 1723,8 an und damit etwas niedriger als am Vortag (1758,4) - allerdings sind darin keine Daten aus Baden-Württemberg und Brandenburg enthalten.
Hotspot Mecklenburg-Vorpommern
Mecklenburg-Vorpommern erklärte bereits das ganze Land bis Ende April zum Hotspot. Hamburg hat dasselbe vor. Hingegen sehen andere Länder wie Baden-Württemberg und Niedersachsen im Moment trotz der Rekorde bei den Neuinfektionen keine rechtliche Handhabe für eine Hotspot-Regelung, obwohl sie eine Beibehaltung der Maßnahmen begrüßen würden. Wieder andere sind gegen eine Verlängerung der bisher geltenden Maßnahmen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kündigte an, bei einer Gesundheitsministerkonferenz an diesem Montag solle mit den Ländern darüber gesprochen werden, die Hotspot-Regelung gangbar zu machen.
Schon der Beschluss der Bundesregierung, die meisten Corona-Regeln aufzuheben, war in den Ländern auf breiten Protest gestoßen. Nach einer Übergangsfrist bis zum 2. April können sie weitergehende Beschränkungen mit mehr Maskenpflichten und Zugangsregeln nur noch verhängen, wenn das Landesparlament für Hotspots eine kritische Lage feststellt. Schwellenwerte, wann dies greifen soll, gibt es nicht.
Holetschek: Ganz Deutschland ein Hotspot
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte der »Augsburger Allgemeinen« (Montag), ganz Deutschland sei ein einziger Hotspot. Er kritisierte: »Die Hotspot-Regeln sind viel zu schwammig und ermöglichen uns keine rechtssichere Umsetzung.« Er fände es gut, wenn man nach dem 2. April bundesweit noch vier Wochen Maskenpflicht in Innenräumen hätte. Danach könne man die Lage neu beurteilen. Er und seine Kollegen aus Nordrhein-Westfalen, Hessen, Baden-Württemberg und dem Saarland fordern daher, die Übergangsregelung über den 2. April hinaus für vier Wochen zu verlängern, wie der Düsseldriofer Minister Karl-Josef Laumann (CDU) der dpa gesagt hatte.
Der Bremer Epidemiologe Hajo Zeeb sagte der Deutschen Presse-Agentur zur möglichen weiteren Entwicklung des Infektionsgeschehens: »Meine Erwartung ist noch eine weitere Zunahme der täglich gemeldeten Fälle für einige Tage, vielleicht Wochen.« Der Omikron-Subtyp BA.2 habe mit den jetzigen Lockerungen weiterhin sehr gutes Verbreitungspotenzial. Durch saisonale Effekte und allmählich zunehmende Immunität der Menschen sei dann mit einem Plateau und dem Absinken zu rechnen.
Stabile Lage auf den Intensivstationen
Bei der Belegung der Intensivstationen zeigt sich derzeit eine Stagnation bei etwas über 2000 Fällen, wie der Direktor der Hamburger Universitätsklinik für Intensivmedizin, Stefan Kluge, erklärte. »Auf den Intensivstationen ist die Lage stabil.« Die Normalstationen recht stark gefüllt. »Die Krankenhaus-Belastung ist zwar da, aber sie ist gut zu händeln.« Was die Krankenhäuser jedoch bundesweit besonders stark präge, seien die Personalausfälle durch Infektionen. »So eine Ausfallquote wie jetzt, das hört man auch aus anderen Krankenhäusern, haben wir noch nicht gehabt in der Pandemie«, sagte Kluge. Auch wenn die Boosterquote bei den Ärztinnen und Ärzten und Pflegenden hoch sei und sie daher meist nur milde erkrankten, fielen sie sieben bis zehn Tage aus. Dies sei deutlich zu spüren.
Die Gesundheitsämter meldeten dem RKI (Stand Sonntagmorgen) binnen eines Tages 111.224 Neuinfektionen (Vorwoche: 131.792). Experten gehen aber von einer hohen Zahl an Fällen aus, die in den RKI-Daten nicht erfasst sind. Ein Grund sind die begrenzten Kapazitäten etwa von Gesundheitsämtern, oft werden Kontakte nur noch eingeschränkt nachverfolgt. Laut RKI melden zunehmend weniger Gesundheitsämter am Wochenende ihre Daten.
Deutschlandweit wurden nach diesen Angaben binnen 24 Stunden 49 Todesfälle verzeichnet - so viele wie vor einer Woche. Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 20.256.278 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden.
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