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ÖVP-Insider verweigert Aussage in Korruptionsausschuss

Vor der Justiz hat der ÖVP-Insider Thomas Schmid zu den Korruptionsvorwürfen gegen die Partei ausgepackt, vor dem U-Ausschuss der Parlaments wollte er nichts sagen. Ein Punktsieg für Ex-Kanzler Kurz?

Sebastian Kurz
Österrreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz bei einem Besuch in Belgrad. Foto: Darko Vojinovic
Österrreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz bei einem Besuch in Belgrad.
Foto: Darko Vojinovic

Ein ehemals enger Vertrauter von Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz hat vor dem ÖVP-Korruptionsausschuss überraschend die Aussage verweigert. Er werde keinerlei Fragen beantworten, kündigte der ehemalige Chef der österreichischen Staatsholding Öbag, Thomas Schmid, am Donnerstag vor Beginn der Sitzung an. Er laufe sonst Gefahr, sich selbst zu belasten, so der 47-Jährige weiter. Seine bisherigen Aussagen bei der Staatsanwaltschaft seien noch nicht abgeschlossen. Auch dies sei ein Grund, weshalb er nichts sagen werde. Auch die Androhung von Beugestrafen brachte ihn nicht von seiner Linie ab.

In dem seit bald einem Jahr laufenden Untersuchungsausschuss sollen Korruptionsvorwürfe gegen ehemalige ÖVP-Regierungsmitglieder geklärt werden, darunter Ex-Kanzler Sebastian Kurz.

Aufgrund der Aussageverweigerung könnte der Ausschuss anders als geplant doch nicht Anfang Dezember enden, sondern für eine erneute Befragung Schmids fortgesetzt werden, hieß es. Nach richterlicher Klärung der Beugestrafen sei Schmid dann verpflichtet, zu bestimmten Fragen auszusagen, sagte der SPÖ-Abgeordnete Jan Krainer.

Vor der Justiz gesprächig

Gegenüber der Justiz hatte Schmid bereits viele Einzelheiten zu den Vorwürfen gegen Kurz geliefert. Nach seiner Darstellung hat er in der sogenannten Inseratenaffäre im Auftrag des Ex-Kanzlers gehandelt. Dabei sollen im Gegenzug für die Veröffentlichung geschönter Umfragen in einer Boulevard-Zeitung Inserate mutmaßlich mit Steuergeld bezahlt worden sein. Außerdem warf Schmid ÖVP-Politikern und Unternehmern die unrechtmäßige Vergabe von Posten und Interventionen in Steuerangelegenheiten vor. Kurz, gegen den die Justiz wegen Untreue und Bestechlichkeit ermittelt, und die anderen Beschuldigten weisen die Vorwürfe zurück oder schweigen dazu.

»Sind sie im Vorfeld der heutigen Aussage unter Druck gesetzt worden, sind sie bedroht worden?«, wollte der FPÖ-Abgeordnete Christian Hafenecker wissen. Er werde sich beim Justizministerium dafür einsetzen, dass Schmid wegen seiner völlig unkooperativen Haltung keinen Kronzeugenstatus erhalten werde, sagte Hafenecker. »Es ist absolut unglaublich, wie sie mit dem Untersuchungsausschuss umgehen«, so der FPÖ-Politiker an die Adresse des ehemaligen Top-Managers. Auch dazu schwieg Schmid.

Aus Sicht des Politikwissenschaftlers Peter Filzmaier bedeutet das Vorgehen Schmids zunächst einen Punktsieg für Kurz, der auf der Ebene der öffentlichen Kommunikation darum kämpft, dass Schmid und nicht er als Lügner gilt. Auf der rechtlichen Ebene sei es aber durchaus verständlich, dass Schmid vor dem Ausschuss nicht zusätzlich in Bedrängnis kommen wollte. »Bei den Themenfeldern der Fragen gibt es Grauzonen, die über das hinausgehen könnten, was Schmid bisher zugegeben hat«, sagte Filzmaier.

»Skandalöses Bild«

Schmid hatte sich in der Hoffnung auf einen Status als Kronzeuge der Staatsanwaltschaft offenbart. Im Zuge von Korruptionsermittlungen war im Herbst 2019 sein Handy sichergestellt worden. Der damalige Öbag-Chef hatte zwar Whatsapp- sowie andere Nachrichten gelöscht. Mehr als 300.000 Chatnachrichten konnten aus dem Cloud-Speicher und von einer externen Festplatte aber wieder hergestellt werden.

Die Chats geben aus Sicht der Opposition ein skandalöses Bild ab. Kurz und sein Team sowie die konservative ÖVP hätten selbstherrlich auch auf illegale Art und Weise ihren Einfluss zu vergrößern versucht, so die Kritik. »Aus Machtgeilheit wurden Bedenken, Moral und ethische Prinzipien über Bord geworfen - bei der Politelite des Landes, bei Millionären und Milliardären, bei Medienmanagern«, schrieb das Nachrichtenmagazin »News«.

Die machtverwöhnte ÖVP hat an Zuspruch verloren. Im Fall von Neuwahlen käme sie laut einer Umfrage des Instituts für Demoskopie und Datenanalyse (IFDD) nur noch auf rund 20 Prozent der Stimmen - und läge damit hinter der sozialdemokratischen SPÖ und der rechten FPÖ. Nach einer weiteren Umfrage des Instituts glauben inzwischen 83 Prozent der Österreicher, dass die Politiker und Politikerinnen des Landes korrupt sind.

Untersuchungsausschuss

Dossier der »Kleinen Zeitung« zum Handy von Schmid

© dpa-infocom, dpa:221102-99-362535/5