Der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed hat nach einem Massaker an mehr als 100 Zivilisten in der Region Oromia »null Toleranz« gegenüber den Verantwortlichen angekündigt. Er nannte die Tat Terror.
Die Wiederherstellung von Sicherheit und Frieden habe oberste Priorität für seine Regierung, sagte Abiy, der 2019 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden war.
Am Samstag war es nahe der Stadt Gimbi und in mehreren umliegenden Dörfern zu den Angriffen gekommen, die sich nach Angaben von Augenzeugen vor allem gegen Angehörige der amharischen Volksgruppe richteten. Augenzeugen hatten berichtet, mehr als 100 Menschen seien von den bewaffneten Tätern erschossen worden. »Die Regierung scheint nicht gewillt und bereit zu sein, dieser Gewalt ein für alle Mal Einhalt zu gebieten«, teilte die größte Oppositionsgruppe der Amhara am Montag mit.
Rebellengruppe Oromo-Befreiungsarmee verantwortlich
Ein Einwohner aus einer betroffenen Ortschaft sagte der Deutschen Presse-Agentur, er habe sogar von um die 300 geborgenen Toten gehört. Viele Menschen versteckten sich aus Furcht vor Folgeangriffen in den umliegenden Wäldern, berichtete ein weiterer Augenzeuge der dpa. Bei dem Angriff seien vor allem Frauen, Kinder und ältere Menschen erschossen worden.
Die regionale Regierung machte die Rebellengruppe Oromo-Befreiungsarmee (OLA) verantwortlich. Ein Sprecher der Gruppe bestritt dagegen, dass die Rebellen den Angriff verübt hätten. Die OLA ist eine Splittergruppe der politischen Partei Oromo Liberation Front und fordert mehr Autonomie und Selbstbestimmung für das Volk der Oromo.
Die Oromo bilden mit rund 35 Millionen Menschen die größte ethnische Gruppe des Landes am Horn von Afrika. Bereits seit dem 19. Jahrhundert ist es jedoch die amharische Minderheit, die in Äthiopien politisch dominiert.
Äthiopien lange Zeit als Stabilitätsanker der Region
Mit knapp 115 Millionen Einwohnern ist der Vielvölkerstaat Äthiopien das Land mit der zweitgrößten Bevölkerung Afrikas. Das Land am Horn von Afrika galt lange Zeit als Stabilitätsanker der Region, ist aber in den vergangenen Jahren zunehmend von ethnischen Konflikten zerrissen.
Nur ein Jahr, nachdem Abiy den Nobelpreis für den Friedensprozess mit dem seit Jahren verfeindeten Nachbarstaat Eritrea erhalten hatte, hatten die inneren Konflikte zwischen den ethnischen Gruppen zugenommen. Im November 2020 hatte die äthiopische Regierung Truppen in die Region Tigray in Nordäthiopien und gegen die dort regierende Tigray Befreiungsfront geschickt.
Seitdem entwickelte sich dort ein Bürgerkrieg, in dem Menschenrechtsorganisationen beiden Seiten Kriegsverbrechen und ethnische Säuberungen vorwerfen. Die Oromo-Befreiungsarmee hat sich mit der Tigray-Befreiungsfront verbündet. Beide verfolgen das Ziel von mehr Autonomie für ihre jeweilige ethnische Gruppe.
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