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Änderungen an Asyl-Reformvorhaben der Ampel

Sollen abgelehnte Asylbewerber, die als Geduldete in Deutschland leben und gut integriert sind, mehr Möglichkeiten für einen langfristigen Aufenthalt bekommen? Die Ampel sagt: Ja. Die Union sieht das kritisch.

Flüchtling
Eine junge Frau aus Afrika mit einem Ausweis für Flüchtlinge: »Aussetzung der Abschiebung (Duldung)«. Darunter ist der Vermerk: »Kein Aufenthaltstitel!« Foto: Wolfgang Kumm
Eine junge Frau aus Afrika mit einem Ausweis für Flüchtlinge: »Aussetzung der Abschiebung (Duldung)«. Darunter ist der Vermerk: »Kein Aufenthaltstitel!«
Foto: Wolfgang Kumm

Die Reformvorhaben der Ampel-Koalition zum Asyl- und Aufenthaltsrecht sorgen für Aufregung im Bundestag - vor allem in den Reihen der Union. Nachdem sich einige Unionsabgeordnete am Dienstag gegen einen strikt ablehnenden Kurs gegenüber den Koalitionsplänen ausgesprochen hatten, bestätigte sich, dass eine breite Mehrheit der Fraktion das Vorhaben für falsch hält.

Nach Informationen aus Fraktionskreisen hat sich Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) für ein klares Signal der Ablehnung der Ampel-Pläne stark gemacht. In der Unionsfraktion wird vor allem kritisiert, dass auch Ausreisepflichtige von dem Chancen-Aufenthaltsrecht profitieren würden, die sich jahrelang geweigert hätten, bei der Klärung ihrer Identität mitzuhelfen.

In einem gemeinsamen Papier kündigten 19 CDU-Politiker eine Enthaltung bei der Abstimmung über das von der Bundesregierung eingebrachte Gesetz am kommenden Freitag an. Man begrüße, dass für langjährig geduldete Geflüchtete eine Perspektive geschaffen werde, hieß es unter anderem zur Begründung. Die geplante Verkürzung der Voraufenthaltszeiten halte man allerdings für falsch.

Gröhe, Laschet und Güler gehören zu den Unterzeichnern

Zu den Unterzeichnern gehören unter anderen der stellvertretende Fraktionschef Hermann Gröhe, Ex-Kanzlerkandidat Armin Laschet, die frühere nordrhein-westfälische Integrationsstaatssekretärin Serap Güler und Annette Widmann-Mauz.

Das Chancen-Aufenthaltsrecht soll gut integrierten Ausländern, die schon mehrere Jahre ohne gesicherten Status in Deutschland leben, eine Perspektive bieten. Wer zum Stichtag 31. Oktober 2022 fünf Jahre im Land lebt und nicht straffällig geworden ist, soll 18 Monate Zeit bekommen, um die Voraussetzungen für einen langfristigen Aufenthalt zu erfüllen - dazu gehören etwa Deutschkenntnisse und die Sicherung des eigenen Lebensunterhalts.

Die Ampel-Koalition hatte zuletzt noch Änderungen an dem Vorhaben sowie an ihrem Gesetzentwurf zur Beschleunigung der Asylverfahren und Asylklageverfahren vorgenommen. In den Gesetzentwurf zur Beschleunigung von Asylverfahren wurde nach Angaben aus Koalitionskreisen eine Klausel eingefügt, die für die geplante Einführung der sogenannten Tatsachenrevision beim Bundesverwaltungsgericht eine Evaluierung vorsieht. Das bedeutet, dass nach drei Jahren geschaut werden muss, ob das Ziel kürzerer Verfahren dadurch erreicht wird. Fachleute hatten Bedenken angemeldet.

SPD: Wir vereinheitlichen die Rechtsprechung"

»Die Verwaltungsgerichte und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge müssen dringend entlastet werden«, sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese der Deutschen Presse-Agentur. Die große Zahl von Asylsuchenden, die 2015 und 2016 nach Deutschland gekommen seien, hätte zu einem erheblichen Anstieg der Zahl der Klageverfahren in Asylangelegenheiten geführt. »Wir vereinheitlichen die Rechtsprechung, um Gerichtsverfahren zu beschleunigen«, sagte Wiese. Außerdem werde es beim Bundesamt nun keine automatische Überprüfung aller Asylbescheide nach einer bestimmten Frist mehr geben, Widerrufs- und Rücknahmeverfahren würden nur noch dann erfolgen, wenn es dafür einen konkreten Anlass gebe.

In den Beratungen zum Chancen-Aufenthaltsrecht war der Stichtag um zehn Monate nach vorne verschoben, sowie die Frist, innerhalb derer die Integrationsleistungen erbracht werden müssen, von einem Jahr auf 18 Monate verlängert worden. Die FDP setzte zudem durch, dass nur von der Regelung profitieren kann, wer nach Abschluss seines Asylverfahrens mindestens ein Jahr mit einer Duldung in Deutschland verbracht hat. Daran stößt sich unter anderem Pro Asyl. Die Organisation kritisierte: »Die Verschärfung lässt den kommunalen Behörden ein Jahr Zeit, um die Jugendlichen abzuschieben.«

Asyl-Vorhaben können im Bundesrat nicht gekippt werden

Anders als das Bürgergeld, zu dem sich die Regierungskoalition mit der Union ins Benehmen setzen musste, können die beiden Asyl-Vorhaben im Bundesrat nicht gekippt werden. Die einzige Regelung, die eine solche Zustimmungspflicht ausgelöst hätte, wurde an den Entwurf für ein ebenfalls zustimmungspflichtiges Gesetz zur Nutzung des Schengener Informationssystems der dritten Generation angehängt, über den im Plenum schon Donnerstagnacht abgestimmt werden soll. Dabei geht es darum, dass Geduldete, die derzeit einen Anspruch auf finanzielle Unterstützung während des Erwerbs einer beruflichen Qualifikation haben, diese Berechtigung durch das Chancen-Aufenthaltsrecht nicht verlieren sollen.

Kritik an dem Verfahren kam von der Union. Ihr innenpolitischer Sprecher, Alexander Throm (CDU), sagte: »Die Ampel zerstückelt ihr sogenanntes Chancen-Aufenthaltsrecht auf mehrere Gesetzespakete, nur um den Bundesländern ihr Recht zur Mitsprache zu nehmen.« Die Koalition »feiert sich für Transparenz und Fortschrittlichkeit, aber spielt mit undemokratischen Tricks«.

© dpa-infocom, dpa:221130-99-727903/2