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Schrumpf-Penis nach Corona-Infektion? Was ein Tübinger Urologe dazu sagt

Geschrumpfter Penis und Erektionsstörungen - diese Long-Covid-Symptome eines US-Amerikaners machen im Internet die Runde. Müssen sich Männer jetzt Sorgen machen? Ein Urologe der Uniklinik Tübingen klärt auf.

Schrumpf-Penis und Erektionsstörungen nach Corona-Infektion: Kann das sein?
Schrumpf-Penis und Erektionsstörungen nach Corona-Infektion: Kann das sein? Foto: Wayhome Studio - stock.adobe.com
Schrumpf-Penis und Erektionsstörungen nach Corona-Infektion: Kann das sein?
Foto: Wayhome Studio - stock.adobe.com

TÜBINGEN. Mit dem Coronavirus ist nicht zu spaßen. Betroffene können auch nach überstandener Infektion unter Langzeitfolgen leiden. Zu den häufigsten gehören ständige Erschöpfung, Atemnot, Konzentrationsstörungen oder Schwindel. Vergangene Woche gingen im Internet weitere Long-Covid-Symptome viral, die vor allem die Männerwelt schockieren.

Um welche Symptome geht es?

Ein US-Amerikaner in seinen Dreißigern schilderte in einem Podcast, dass sein bestes Stück nach einer heftigen Corona-Infektion 3,8 Zentimeter an Länge verloren habe. »Mein Penis ist geschrumpft. Vor meiner Erkrankung war ich überdurchschnittlich ausgestattet, nicht riesig, aber definitiv größer als die meisten. Nachdem ich nun fast 4 Zentimeter eingebüßt habe, liege ich nun deutlich unter dem Schnitt«, wird der Mann in diversen Medien zitiert. Später habe er außerdem an einer Erektilen Dysfunktion gelitten. Die sei zwar behoben worden, sein Penis sei danach aber nicht mehr der alte gewesen.

Was sagt ein Experte der Tübinger Uniklinik dazu ?

»Es ist sehr gut möglich«, dass ein geschrumpfter Penis und Erektionsstörungen die Folge einer Corona-Infektion sind, »die Datenlage spricht sehr dafür«, sagt Steffen Rausch, Oberarzt an der Universitätsklinik für Urologie in Tübingen. Die Erektionsfunktion sei grundsätzlich ein sehr guter indirekter Marker für den allgemeinen männlichen Gesundheitsstatus. Sexuelle Funktionsstörungen bei und nach einer Infektion mit Covid-19 seien in klinischen Beobachtungsstudien beschrieben. Autoren würden in diesen Studien sowohl die mentalen Folgen von Isolation und Lockdown, als auch körperliche Auswirkungen diskutieren, beschreibt der Urologe und ergänzt: »Bei Patienten mit Long-Covid-Symptomen finden sich zudem Störungen im Hormonhaushalt, insbesondere die Testosteronsynthese im Hoden erscheint hier aufgrund des Angriffsmechanismus der Viren sehr empfindlich und somit für die Sexualfunktion relevant.«

Gibt oder gab es so einen Fall schon an der Uniklinik Tübingen?

»Wir haben in der Andrologischen Sprechstunde der Universitätsklinik für Urologie in Tübingen schon Patienten gesehen, bei denen sich die Spermienqualität nach einer Covid-19-Infektion verschlechtert hatte«, sagt Rausch. Das sei aber auch bei anderen schweren Virusinfektionen der Fall gewesen. »Dass sich ein Patient mit dem isolierten Symptom der Penisverkürzung vorgestellt hat, war bisher nicht der Fall.« Der Urologe weist jedoch darauf hin, dass die Sprechstundentätigkeit für diese »gutartigen« Krankheitsbilder pandemiebedingt weiterhin reduziert ist und übergangsweise zum Teil ausgesetzt war. Ein weiterer Faktor für die Verschlechterung der sexuellen Gesundheit der Männer im Covid-Zeitalter sei somit sicherlich auch der etwas schwierigere oder zeitlich verzögerte Zugang zum Facharzt.

Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt es?

US-Forscher haben Corona-Partikel im Penis-Gewebe nachgewiesen. Ihre Pilotstudie zeigt, dass Männer, die zuvor nicht über Erektionsstörungen klagten, nach Beginn der Covid-19-Infektion eine signifikante Erektile Dysfunktion entwickelten. Wörtlich heißt es: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine weit verbreitete Funktionsstörung der innersten Zellschicht der Blutgefäße aufgrund einer Covid-19-Infektion zu einer Erektile Dysfunktion beitragen kann. 

Wie bewertet der Tübinger Urologe die Pilotstudie?

Laut Steffen Rausch zeige die Studie am Schwellkörpergewebe die biologische Relevanz sowie einen möglichen Mechanismus für das Entstehen der Erektilen Dysfunktion bis hin zur Penisverkürzung. »Es handelt sich jedoch um eine kleine Pilotstudie mit noch limitierten Patientenzahlen, sodass man hieraus noch keine Verallgemeinerungen treffen kann.« Interessant sei dennoch, dass der Virusnachweis auch bei mildem Verlauf der Covid-19 Erkrankung möglich war. (GEA)