Logo
Aktuell Wissenschaft

Rätselhafte Grubenlinien bei Halberstadt entdeckt

Zahlreiche über 3000 Jahre alte Gruben in meterlangen Linien sind jetzt bei Grabungen bei Halberstadt entdeckt worden. Häufig nur auf Luftbildern zu erkennen, werden sie nur selten systematisch untersucht.

3000 Jahre alte Grubenlinien entdeckt
Thomas Voigt ist ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger beim Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt. Hier geht er mit einem Metalldetektor eine Grubenlinie ab. Sie stammt aus der Bronzezeit und ist etwa 3000 Jahre alt. Die einzelnen Gruben sind 50 bis 60 Zentimeter tief. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
Thomas Voigt ist ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger beim Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt. Hier geht er mit einem Metalldetektor eine Grubenlinie ab. Sie stammt aus der Bronzezeit und ist etwa 3000 Jahre alt. Die einzelnen Gruben sind 50 bis 60 Zentimeter tief.
Foto: Klaus-Dietmar Gabbert

Archäologen haben im künftigen Gewerbegebiet Halberstadt-Ost zwei meterlange Grubenlinien aus der späten Bronzezeit entdeckt. »Die aneinander in einer Linie gereihten Gruben, die im Englischen Pit Alignments heißen, kennen wir nur aus Großbritannien und Mitteldeutschland, also Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt«, sagte Projektleiterin und Archäologin Susanne Friederich der Deutschen Presse-Agentur. »Dieses Phänomen fassen wir nun auch in Halberstadt.«

Die eine Linie ist 450 Meter lang und umfasst 110 einzelne Gruben, die andere 120 Meter lange Linie besteht aus 24 Gruben. Während die lange Linie sich noch weiter erstreckt, ist die kürzere vollständig ausgegraben. »Sie datieren aus ihrer letzten Nutzungsphase, der späten Bronzezeit, vor etwa 3000 Jahren und waren vielleicht 1000 Jahre in Benutzung«, sagte Friederich. »Die einzelnen Gruben sind etwa 50 bis 60 Zentimeter tief, aber im oberen Bereich ist das ein zusammengefasster Graben und in der Tiefe löst es sich in einzelne Gruben auf. Alle Gruben sind fundleer.«

Das könnte es mit den Linien auf sich haben

Die Grubenlinien wurden möglicherweise zur Gebietsaufteilung, um große Ackerflächen voneinander zu trennen, angelegt. »Dabei verhinderten sie auch, das zu viel Wasser auf die Flächen lief«, sagte Friederich. »Die kürzere Grubenlinie liegt unterhalb eines ehemaligen Grabhügels und hat eine etwa 20 Meter breite Unterbrechung, das war ein Eingang.«

Möglicherweise wurde mit dieser Grubenreihe der Grabhügel abgeschirmt. Das heißt, diese Reihen könnten älter sein. »Hier wurden keine Äcker voneinander abgetrennt, sondern die Grubenlinien wurden angelegt, um Menschen zu dem monumentalen Grabhügel in der Landschaft zu leiten«, sagte die Archäologin. »Diese Grubenreihe ist mit 1,50 Meter breiter als die andere Grubenreihe, zur Abtrennung der Äcker, die ist einen Meter breit. Daran erkennt man schon einen Unterschied.«

Häufig nur durch Luftbilder zu entdecken

Die Grubenreihen werden häufig nur auf Luftbildern entdeckt, ihre systematische Untersuchung bei Ausgrabungen erfolgt selten. »Die Entdeckung bei Halberstadt bietet die Möglichkeit, durch naturwissenschaftliche Untersuchungen mehr über die Funktion dieser prähistorischen Anlagen zu erfahren, und tiefe Einblicke in die Besiedlungsgeschichte der Region zu bekommen«, sagte die Expertin.

Schon bei vorherigen Ausgrabungen wurden auf der Fläche in Halberstadt bereits Grabfunde aus der 4800 Jahre alten Kugelamphorenkultur erbracht. Der Lastwagenhersteller Daimler Truck will in Halberstadt-Ost einen neuen Logistikstandort auf rund 260.000 Quadratmetern errichten. Zukünftig sollen dort sämtliche Fahrzeugteile in einem automatisierten Hochregallager und einem automatisierten Kleinteilelager zum Abruf bereitstehen und in mehr als 170 Länder geliefert werden.

© dpa-infocom, dpa:230303-99-817797/2