Münchner Herzchirurgen werten die erste Transplantation eines Schweineherzens auch nach dem Tod des Patienten als großen Erfolg.
Dass der 57 Jahre alte Mann angesichts seiner Vorerkrankungen und zusätzlicher Komplikationen zwei Monate überlebt habe, sei ein sehr gutes Ergebnis, erläuterten die Chirurgen Bruno Reichart und Paolo Brenner vom Klinikum Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München der Deutschen Presse-Agentur. Reichart und Brenner zählen mit dem Tiermediziner Eckhard Wolf vom Gene Center der LMU zu den weltweit führenden Experten bei der Forschung mit tierischen Spenderorganen.
Patient war schon zu krank
Der 57-jährige David Bennett, dem Anfang Januar in den USA als weltweit erstem Patienten ein Schweineherz als Ersatzorgan eingesetzt worden war, war am Dienstag gestorben, wie das Universitätsklinikum in Baltimore am Mittwoch mitgeteilt hatte.
Der erste Monat sei entscheidend für die Abstoßungsreaktion, sagte Reichart. »Alles, was über vier Wochen geht, ist ein Erfolg.« Der Tod des Patienten sei tragisch. Er sei ihm allerdings schon vor der OP sehr schlecht gegangen. »Der Patient war allgemein zu krank. Auch ein menschliches Herz hätte vermutlich nicht geholfen«, sagte Reichart. Selbst wenn das neue Herz funktioniere, könne das Schädigungen anderer Organe nicht ausgleichen.
Wichtig seien jetzt die Klärung der genauen Todesursache und der Ausschluss einer Abstoßungsreaktion, sagte Brenner. Er verwies auch darauf, dass es bei der Operation mit einem Aorten-Einriss eine schwere Komplikation gegeben habe. Dieses Problem habe gut die Hälfte des insgesamt achtstündigen Eingriffs in Anspruch genommen. »Die eigentliche Schweineherz-OP hat nur vier Stunden gedauert«, sagte Brenner. »Das ist ein chirurgische Meisterleistung.«
Klinische Studie geplant
Auch nach dem Tod des Patienten werde die Forschung unvermindert fortgesetzt. Ein Heilversuch an einem unheilbar kranken Patienten wie in den USA könnte in München möglicherweise in einem halben bis einem Jahr angegangen werden, sagte Brenner. Darüber hinaus plane das Münchner Team eine klinische Studie mit fünf bis sechs Patienten. Eine entsprechende Zulassung sei bereits beim Paul-Ehrlich-Institut beantragt. Die Studie könne voraussichtlich 2024 beginnen, sagte Brenner. Derzeit werde in München unter Hochdruck an der Zucht genveränderter Schweine und an Medikamenten zur Immunsuppression gearbeitet.
»Man muss weitermachen«, betonte auch Reichart. Die Technik mit den genveränderten Schweineherzen sei ausgereift. Es müssten für die Studie jedoch Patienten ausgewählt werden, die nicht so krank seien.
Kunstherz ist keine Alternative
Nach der weltweit ersten Herztransplantation hatte der Patient nur 18 Tage überlebt. Der Herzchirurg Christiaan Barnard hatte im südafrikanischen Kapstadt am 3. Dezember 1967 das weltweit erste Herz verpflanzt. Auch in Deutschland starben die ersten Patienten schon kurz nach der Operation. Heute leben nach drei Jahren Studien zufolge noch 70 Prozent der Patienten.
Das Kunstherz ist laut Reichart bis heute keine Alternative. Die Sterblichkeit sei beim Kunstherz hoch, sie liege bei etwa 40 Prozent. Weltweit wird seit langem mit Schweineherzen als Alternative zu menschlichen Spenderorganen geforscht. Viele todkranke Patienten sterben, bevor sie ein Organ bekommen.
Die sogenannte Xenotransplantation - also die Übertragung von tierischen Organen auf den Menschen - wird schon seit den 1980er Jahren erforscht. Schweine sind dabei als Spender besonders geeignet, weil ihr Stoffwechsel dem von Menschen ähnelt. Das Team um Reichart, Brenner und Wolf hatte Ende 2018 eine Studie veröffentlicht, die einen neuen Meilenstein setzt: Ein Pavian hatte mit Schweineherz 195 Tage und damit über ein halbes Jahr überlebt, bevor der Versuch wie geplant abgebrochen wurde.
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