Vom Oropouche-Fieber haben viele Menschen noch nie gehört. Neu ist die Erkrankung nicht, der Erreger hat zuletzt jedoch für mehr und heftigere Ausbrüche gesorgt. Kürzlich wurden erstmals auch zwei Todesfälle offiziell erfasst. Bisher kursiert das Virus in Süd- und Mittelamerika - sind Übertragungen auch in Europa möglich?
Zwei junge Frauen unter 30 aus dem Landesinneren des Bundesstaates Bahia im Nordosten Brasiliens starben nachweislich an dem Erreger. Sie hatten Symptome ähnlich denen bei schwerem Denguefieber und keine schwächenden Begleiterkrankungen.
Das südamerikanische Land, das in diesem Jahr mit über sechs Millionen Infektionen den schwersten Dengue-Ausbruch seiner Geschichte erlebt, muss sich jetzt auch noch um das Oropouche-Virus sorgen. Doch nicht nur dort, sondern in ganz Süd- und Mittelamerika häufen sich die Ausbrüche.
Das Virus wird in Lateinamerika hauptsächlich von Colicoides paraensis übertragen - einer kleinen Mückenart aus der Gruppe der Gnitzen, die es außerhalb Südamerikas nicht gibt. Aber auch andere Arten können das Virus übertragen.
Ähnliche Symptome wie bei Dengue-Fieber
Die Symptome ähneln denen bei Dengue- oder Chikungunya-Fieber: Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen, Übelkeit und Durchfall. In seltenen Fällen kommt es zu schweren Verläufen. Eine spezifische Behandlung gibt es bisher nicht.
Nach Angaben der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation (PAHO) wurde der Erreger erstmals 1955 in Trinidad und Tobago in der Karibik erfasst. In Brasilien wurde das Oropouche-Virus dem Gesundheitsministerium zufolge erstmals 1960 in der Blutprobe eines Faultiers identifiziert.
Seitdem seien vereinzelte Fälle und örtlich begrenzte Ausbrüche hauptsächlich in den Bundesstaaten des Amazonasgebiets gemeldet worden. Faktoren wie Klimawandel, Abholzung und Verstädterung haben laut PAHO jedoch die Ausbreitung der Krankheit auf Gebiete begünstigt, in denen zuvor keine Fälle gemeldet wurden.
»Was uns am meisten Sorgen bereitet, ist die Ausbreitung einer Krankheit, die praktisch auf das Amazonasgebiet mit seiner sehr geringen Bevölkerungsdichte beschränkt war, auf Gebiete mit höherer Bevölkerungsdichte«, sagte Marcus Lacerda vom Forschungsinstitut Fiocruz dem Fachblatt »Science«.
In diesem Jahr wurden in 23 brasilianischen Bundesstaaten bereits rund 7.500 Fälle von Oropouche-Fieber registriert, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. Erstmals wurden Fälle auch in anderen Ländern des amerikanischen Kontinents gemeldet - in Bolivien, Kolumbien, Kuba und Peru. Ob dies auf eine Ausbreitung des betroffenen Gebietes oder eine verbesserte Diagnostik zurückzuführen ist, ist laut Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin noch unklar.
Auswirkungen auf ungeborene Kinder
Brasilianische Gesundheitsämter analysieren derzeit, in welchem Ausmaß Oropouche-Fieber Missbildungen oder Fehlgeburten zur Folge haben kann. Kürzlich bestätigte das Gesundheitsministerium einen Todesfall eines Fötus in Zusammenhang mit einer Infektion. Die 28-jährige Frau aus dem nordöstlichen Bundesstaat Pernambuco hatte sich in der 30. Schwangerschaftswoche befunden. Acht weitere Fälle würden noch untersucht, hieß es.
Es gibt laut RKI auch erste Hinweise darauf, dass das Virus Fehlbildungen bei Ungeborenen verursachen könnte. Ähnliches ist vom Zika-Virus bekannt, das Mikrozephalie – Fehlbildungen des Gehirns von Neugeborenen - zur Folge haben kann. Das RKI riet bereits, Schwangere sollten unter Umständen auf Reisen in aktuelle Oropouche-Ausbruchsgebiete verzichten.
Erste Fälle von Oropouche-Fieber in Deutschland
In Europa wurden bisher nur Infektionen bei Reiserückkehrern bekannt. Italien und Spanien meldeten in den letzten Wochen eine geringe Zahl von Fällen bei Reisenden aus Kuba und Brasilien. Auch in Deutschland wurden bereits Betroffene mit Oropouche-Fieber erfasst: zwei Menschen aus Sachsen und Baden-Württemberg, die beide aus Kuba zurückgekehrt waren.
Demnächst auch Übertragungen hierzulande?
Der Experte Helge Kampen hält es für unwahrscheinlich, dass sich der Erreger auch in Europa ausbreiten könnte. »Es gibt keinen Hinweis darauf, dass einheimische Gnitzen oder Stechmücken das Oropouche-Virus übertragen könnten«, sagt der Wissenschaftler vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI).
Das Virus ist dem Experten zufolge auf sogenannte Reservoirwirte angewiesen, also auf Tierarten wie bestimmte Affen oder Faultiere, die in Europa nicht vorkommen. Auch das RKI hält eine Weiterverbreitung des Oropouche-Virus in Deutschland derzeit für sehr unwahrscheinlich.
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