Der »Quantenpapst« ist ein großer Anhänger einer humanistischen Ausbildung. Durch die Beschäftigung mit der Sprache und den Texten der alten Griechen und Römer lerne man »das Denken in sehr fundamentalen Kategorien«, sagte Anton Zeilinger einmal. Ganz fundamental ist auch, woran der 77-jährige (20. Mai 1945) Experimentalphysiker seit Jahrzehnten forscht: der Teleportation von Quanten.
Sie hat ihm in Anlehnung an das legendäre »Beamen« in der Science-Fiction-Serie »Star Trek« den Spitznamen »Mr. Beam« eingebracht. Als ihm 1997 diese Teleportation - der Transport des Zustands eines Lichtteilchens - gelang, wurde der Mann mit dem weißen Vollbart bald ein gesuchter Interview-Partner. Einer, der sich in seinen Jahren als Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) (2013-2022) auch jenseits seines Fachs äußerte und bei Bildungsthemen für die Einrichtung von Elite-Universitäten warb.
Komplexes verständlich formulieren
Zeilinger gelingt, was im Feld der hochabstrakten Quantenphysik nur wenigen Forschern gegeben ist: immens komplexe Forschungsergebnisse in verständlichen Worten zu erläutern. Sein Staunen über die Welt und die Begeisterung für sein Fach sind immer noch riesig. Die Teleportation, also das verbindungslose Übertragen der Eigenschaft eines Systems auf ein anderes, habe ihn völlig verblüfft. »Das hat mich damals von den Socken gehauen und haut mich heute noch von den Socken«, sagte er der österreichischen Nachrichtenagentur APA zu seinem 75. Geburtstag.
Die Grundlagen seines Spezial-Wissens hat er sich als Student der Mathematik und Physik in Wien praktisch nebenbei angeeignet - statt in Vorlesungen über Quantenphysik zu gehen, studierte er lieber einschlägige Bücher.
Zeilinger ist unter anderem Mitglied mehrerer Akademien der Wissenschaften. Zu den Dutzenden internationalen Auszeichnungen zählen der Wolf-Preis und die Isaac Newton Medaille. Zeilinger hat mehr als 500 wissenschaftliche Publikationen veröffentlicht.
Ein Asteroid trägt seinen Namen
Neben der Physik spielt die Musik im Leben Zeilingers eine große Rolle. Er spielt Cello, liebt Jazz und Klassik. Als Kind wollte Zeilinger Astronaut werden. Sein Forscherleben, das bei Computern zu revolutionären neuen Technologien führen könnte, wird auch das Leben und Arbeiten im All möglicherweise einfacher machen. Dort ist sein Name schon angekommen: Der Asteroid 48681 wurde anlässlich seine 60. Geburtstags nach ihm benannt.
Die Rätsel seines Fachs treiben ihn unvermindert um. Neue Experimente sollen die fundamentale Frage klären helfen: Was ist Wirklichkeit? »Denn es stellt sich zunehmend heraus, dass unsere Wirklichkeitskonzepte fundamental verkehrt sind«, so Zeilinger.
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