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Kotfressender Stierkäfer wird Insekt des Jahres 2024

Der Stierkäfer kann das Tausendfache seines Körpergewichts ziehen und hat eine wichtige Funktion im Naturkreislauf. Nun bekommt er eine besondere Auszeichnung.

Stierkäfer
Der Stierkäfer: der Name kommt von drei Hörnern, von denen die beiden äußeren wie beim Stier nach vorne gerichtet sind. Foto: Patrick Urban/DPA
Der Stierkäfer: der Name kommt von drei Hörnern, von denen die beiden äußeren wie beim Stier nach vorne gerichtet sind.
Foto: Patrick Urban/DPA

Ein kotfressender Käfer wird Insekt des Jahres 2024. Experten am Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut im brandenburgischen Müncheberg wählten den Stierkäfer aus einer Reihe von Vorschlägen, wie das Institut bekanntgab. Das Tier, das zur Familie der Mistkäfer gehört, besetze eine Schlüsselrolle in Ökosystemen, die Bestände gingen aber bedenklich zurück, so das Institut.

Der Stierkäfer (Typhaeus typhoeus) ist zwischen 14 und 20 Millimeter groß. Der Name kommt von drei Hörnern, von denen die beiden äußeren wie beim Stier nach vorne gerichtet sind. Sie werden beim Kampf mit Rivalen und zum Schutz der Nistplätze eingesetzt. Der Käfer sei ein Kraftprotz, erklärte Thomas Schmitt, Direktor des Senckenberg-Instituts und Vorsitzender des Kuratoriums. Er könne mehr als das tausendfache seines Körpergewichts ziehen.

»Diese Stärke nutzen die Käfer, um Kot von Kaninchen, Rehen, Rindern, Schafen oder Pferden in Form einer Kugel als Nahrung für ihren Nachwuchs in die engen Gänge ihrer Brutkammern zu schieben«, so Schmitt. Dafür graben Stierkäfer nach der Paarung einen bis zu 1,50 Meter tiefen Schacht in den Boden. In den Kammern wird der Kot zu einer Pille geformt, neben der das Weibchen das Ei ablegt. Aus dem Ei schlüpft die Stierkäfer-Larve, die zu dieser Brutpille kriecht und sich dort ernährt.

Weltweit starke Rückgang der Populationen

Mistkäfer sorgten dafür, dass Kot rasch von der Bodenoberfläche verschwindet, erklärt Werner Schulze, der für den Nabu an der Auswahl beteiligt war. »So regulieren die Käfer auch die Entwicklung von parasitischen Würmern und Fliegen im Säugetierkot, fördern den Transport von Pflanzensamen und reduzieren die Emission von Treibhausgasen vor allem aus Kuhfladen.«

Seit Mitte der 1980er Jahre verzeichnen Entomologen weltweit einen starken Rückgang der Populationen. Der Grund: Weidetiere würden zunehmend vorbeugend Anti-Wurmmittel bekommen. Die Wirkstoffe werden von den Tieren ausgeschieden und gelangen über den Kot in die Käfer, die sich davon ernähren. »Das hat zur Folge, dass koprophage (Red: kotfressende) Käfer absterben oder sich nur noch eingeschränkt reproduzieren«, so Schulze.

Der Rückgang von Dung- und Mistkäfern wird von der Wissenschaft als ein wesentlicher Teil des weltweiten dramatischen Verlustes der Insektenfauna eingestuft. Um dem entgegenzusteuern, müsse der Einsatz von Antiparasitika bei Haus- und Nutztieren reduziert werden, so Kuratoriumsvorsitzender Schmitt. Nutztiere sollten zudem wenn möglich wieder mehr auf Weiden als in Ställen gehalten werden.

© dpa-infocom, dpa:231130-99-128642/2