Eigentlich investiert Wilfried Pabst nur in Projekte, die profitabel sind. Geld einfach so ausgeben, das liegt dem gebürtigen Hamburger und Vollblut-Unternehmer nicht. Mit einer Ausnahme: Vor 30 Jahren kaufte Pabst eine riesige Rinderfarm in Simbabwe. Das 60.000 Hektar große Gebiet war abgegrast und heruntergekommen. Die Wildtiere, die einst dort lebten - Elefanten, Löwen, Nashörner, Giraffen, Antilopen - waren schon lange von Landwirten verdrängt worden, um Platz für ihre Rinderherden zu machen.
Eine gute Investition aus finanzieller Sicht war der Kauf sicherlich nicht. Doch Pabst, der Millionen im Speditionssektor gemacht hatte, hatte eine Vision: Er wollte das Gelände im Südosten Simbabwes wieder in den Zustand zurückbringen, in dem es ursprünglich einmal war, bevor Menschen vom Land profitierten. Sango, in der Lokalsprache Shona das Wort für »Wald«, nannte Pabst die Farm, nach den Mopanewäldern, die in dem Reservat wachsen und besonders bedrohten Nashörnern und Wildhunden Schutz bieten.
Heute, drei Dekaden später, leben etwa 200.000 Wildtiere auf Sango. Das Reservat ist mittlerweile Teil der Savé Valley Conservancy, einem Zusammenschluss privater Naturschutzgebiete im Süden Simbabwes.
Rund 60.000 Hektar, das ist etwas weniger als die Größe von Hamburg (75.500 Hektar), die Stadt in der Pabst aufwuchs und zunächst eine Ausbildung in der Schifffahrt begann. Aber Protzigkeit, das ist nichts für den heute 80-Jährigen. Sein Ton ist sanft. Sein Kleidungsstil leger und sportlich. Gespräche sind ihm am liebsten per Du.
Harte Arbeit mit vielen Hürden
Gut zehn Jahre dauerte es, bis Sango so weit rehabilitiert war, dass Wildtiere wieder in einem ausgewogenen Verhältnis angesiedelt waren. Pabst arbeitete dafür eng mit Naturschutzexperten aus der Region zusammen. »Wir wollen exemplarisch vorweglaufen und die Farm so managen, wie es Ökologen empfehlen«, erklärt er. Ein zu 100 Prozent wissenschaftlich belegtes Naturschutzgebiet, das sei sein Ziel.
Es waren Jahre harter Arbeit mit vielen Hürden, erzählt Pabst, in einem Land, das unter Langzeitherrscher Robert Mugabe und Nachfolger Emmerson Mnangagwa systematisch heruntergewirtschaftet wurde. Viel Blut, Schweiß und Tränen habe ihn Sango gekostet, doch das sei es immer wert gewesen.
Auch Pabsts Frau Kerstin weiß von vielen Herausforderungen zu erzählen: Dürren, Waldbrände, Simbabwes andauernde Wirtschaftskrise, Vergiftungen von Tieren durch Anthrax-Bakterien und vieles mehr. Gemeistert habe Pabst alles mit seiner positiven Einstellung zum Leben, Leidenschaft und Zielstrebigkeit, sagt die Ehefrau.
Pabst zog es früh in die Ferne. Mit 18 Jahren wanderte er nach Südafrika aus - ein Freund hatte ihm von dem Land vorgeschwärmt. Abenteuer mochte Pabst schon immer. So landete er 1964 in der Wirtschaftsmetropole Johannesburg und fand bald einen Job als Abteilungsleiter einer Druckerei.
Ein Jahr später lud ihn ein Bekannter auf eine »Test-Safari« im Okavango-Delta im benachbarten Botsuana ein. Safari-Tourismus, wie man ihn heute kennt, gab es damals noch nicht. Pabst verlor sein Herz an Afrikas Natur. Damals sei der Traum entstanden, wenn auch nur ein ganz vager, irgendwann ein eigenes Stück Natur auf dem Kontinent zu besitzen.
»Es war Liebe auf den ersten Blick«
Doch zunächst ging Pabst nach Deutschland zurück. 1992 erzählte ihm ein Geschäftspartner von einer Rinderfarm, die in Simbabwe zum Verkauf stand. Kurzerhand charterte Pabst einen Hubschrauber, um sich das Areal anzusehen. Dann gab es kein Zurück mehr: »Es war Liebe auf den ersten Blick«, erinnert er sich.
Er habe über 30 Jahre um die 15 Millionen Euro Eigenkapital in Sango investiert, erzählt Pabst offen. Jeden Monat schieße er eine große Summe aus der eigenen Tasche hinzu.
Zwar hat er auf dem Gelände eine Öko-Luxuslodge bauen lassen, die hauptsächlich Foto-Touristen und Großwildjäger anzieht, und Gewinne einbringt. Die deckten jedoch keinesfalls die Kosten, sagt Pabst. Denn das Wichtigste sei, dass die Gäste wenig Spuren in der Natur hinterlassen. »Ich will keine Touristenbusse, bei denen hinten die Colaflaschen rausfliegen, oder Teerstraßen im Busch bauen«, erklärt er. Wenn es um Sango gehe, habe er immer den Naturschutz vor Profite gestellt.
Viel Zeit, Energie und Geld reingesteckt
Er kenne wenige Privatmenschen, die sich so sehr für den Naturschutz engagierten wie Pabst, sagt David Goosen, seit 1997 der Geschäftsführer von Sango. Pabst habe außergewöhnlich viel Zeit, Energie und Geld in Sango sowie die Savé Valley Conservancy gesteckt. »Ich bin mir sicher, dass beide Reservate ohne ihn nicht mehr existieren würden«, meint Goosen.
Solange er fit und gesund bleibe, habe er noch viel vor, meint Pabst. Er will Land kaufen, um das Reservat zu vergrößern. In Kollaboration mit Naturschützern ist er dabei, auf Sango ein Klimaprojekt zur Kohlenstoffspeicherung zu schaffen.
Mit etwa 85 Jahren wolle er anfangen, sich langsam zurückzuziehen, erzählt Pabst. Dann soll sein jüngster Sohn Nicholas übernehmen, der momentan in den USA ein Studium zum Wirtschaftsingenieur absolviert. Dessen großer Bruder Andreas, der in Deutschland eine Handelsfirma leitet, soll ihm zur Seite stehen. So ist es geplant. Doch man merkt, dass es Pabst schwerfällt, loszulassen und sein Lebenswerk an die nächste Generation zu übergeben. »Das wird noch eine Weile dauern«, schmunzelt er.
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