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Geht es 2024 wieder zum Mond?

Ein halbes Jahrhundert nach den US-Mondlandungen wollen mehrere Nationen zurück auf den Mond. Zumindest bei einer ersten Stippvisite könnten die US-Amerikaner erneut die Nase vorn haben.

Der Mond
Mehrere Jahrzehnte nach der ersten Mondlandung, planen gleich mehrere Nationen neue Mondmissionen. Foto: Jens Büttner/DPA
Mehrere Jahrzehnte nach der ersten Mondlandung, planen gleich mehrere Nationen neue Mondmissionen.
Foto: Jens Büttner/DPA

Das größte jemals gebaute Raketensystem explodierte kürzlich auch beim zweiten Test. Doch Produzent SpaceX bleibt optimistisch, was die Zukunftspläne mit dem »Starship« betrifft. Auch Bill Nelson, Chef der US-Raumfahrtbehörde Nasa, schrieb daraufhin bei X: »Gemeinsam werden die Nasa und SpaceX die Menschheit zurück zum Mond, zum Mars und darüber hinaus bringen.« Die USA sind mit engagierten Plänen fürs All keineswegs allein - insbesondere China hat sich zur exzellenten Raumfahrtnation gemausert. Ein Überblick über geplante Missionen:

USA

Die US-Raumfahrtbehörde Nasa fiebert 2024 vor allem dem ersten bemannten Start im Zuge des »Artemis«-Programms entgegen. Nach einem erfolgreichen unbemannten Test Ende 2022 sollen im November kommenden Jahres drei Männer und eine Frau bei der rund zehntägigen Mission »Artemis 2« den Mond umrunden. 2025 sollen dann bei »Artemis 3« - zumindest nach derzeitigem Plan - nach mehr als einem halben Jahrhundert wieder Astronauten auf dem Mond landen, darunter erstmals eine Frau und eine nicht-weiße Person.

Zudem gehen die Vorbereitungen für eine Raumstation auf dem Mond weiter. SpaceX - die private Raumfahrtfirma von Elon Musk - hat viele weitere »Starship«-Tests angekündigt. Das bisher leistungsstärkste Raketensystem der Raumfahrtgeschichte soll irgendwann zu Mond und Mars fliegen.

Auch der teure Betrieb der Internationalen Raumstation (ISS) läuft weiter. Mehrere Astronauten sollen mit dem »Crew Dragon« von SpaceX dorthin fliegen - und im Frühjahr soll der krisengeplagte »Starliner« von Boeing erstmals Menschen dorthin bringen.

China

Auch China, längst zur konkurrenzfähigen Raumfahrtnation geworden, hat Mond und Mars im Visier. »Unser ewiger Traum ist, den weiten Kosmos zu entdecken, eine Raumfahrtindustrie und China zu einer Weltraummacht zu entwickeln«, hatte Staats- und Parteichef Xi Jinping als Ziel ausgegeben.

Bis 2030 sollen demnach Chinesen auf dem Mond stehen - bei starken Verzögerungen im »Artemis«-Programm ist somit nicht undenkbar, dass sie dort eher herumlaufen als die ersten neuen US-Mondgänger. Längerfristiges Ziel ist der Bau einer Forschungsstation, andere Staaten sind für eine Beteiligung explizit eingeladen. Belarus, Südafrika, Venezuela, Pakistan, Russland und Aserbaidschan haben laut chinesischen und eigenen Angaben ihre Kooperation bereits zugesagt.

Im Frühjahr soll als ein Schritt auf diesem Weg die unbemannte Mondmission »Chang'e 6« erstmals Proben auf der Rückseite des Erdtrabanten sammeln und zur Erde bringen. »Chang'e 7« soll zwei Jahre später an der Südpolarseite eine präzise Landung als Vorbereitung für den Aufbau der Station durchführen. Mit »Chang'e 8« soll dann die Mondlandung chinesischer Astronauten folgen.

Auch ehrgeizige Projekte zur Erforschung des Mars hat China weiter im Blick. Das Land unterhält mit »Tiangong« (Himmelspalast) zudem längst eine eigene Raumstation, zu der erst im Oktober wieder ein dreiköpfiges Astronauten-Team aufbrach.

Europa

Eigenständig Astronauten zum Mond schicken - das ist für Europa derzeit kein Thema. Bei der Wahl eines Partners setzt die europäische Raumfahrtagentur Esa weiter auf die USA: Die Esa steuert für das »Orion«-Raumschiff des »Artemis«-Programms das Europäische Servicemodul (ESM) bei - federführend gebaut bei Airbus in Bremen.

Ein Mitflug einer Astronautin oder eines Astronauten der Esa ist weder für »Artemis 2« noch »Artemis 3« fest eingeplant, sondern erst für »Artemis 4« und »Artemis 5«, die noch in weiter Ferne liegen. Und ob sie oder er dann zu den je zwei der vier Raumfahrer einer Mission gehören, die nicht nur zum Mond fliegen, sondern ihn auch betreten, ist unklar. »Das ist noch nicht definiert«, hatte Esa-Generaldirektor Josef Aschbacher kürzlich gesagt. Die Nasa wolle darüber erst nach dem »Artemis 2«-Flug entscheiden.

Für das kommende Jahr plant die Esa teils mit Partnern unter anderem den Start von Erdbeobachtungssatelliten wie »Sentinel-2C«, »EarthCare« und »Biomass«. Sie sollen Daten etwa zum Zustand der Wälder, zu Wolkenbildung und zu Aerosolen liefern. Wichtig sind viele der gewonnenen Werte, um das Fortschreiten des Klimawandels zu erfassen.

Zudem soll 2024 nach mehrfachen Verschiebungen die neue Trägerrakete Ariane 6 abheben - ursprünglich war der erste Start für 2020 geplant. Die Esa hat den Vorgänger Ariane 5 in diesem Jahr ausgemustert und nach einem Fehlstart muss auch die kleinere Vega-C-Rakete am Boden bleiben. Seitdem hat die Esa keine eigenen Mittel mehr, um Satelliten ins All zu bringen.

Ein Höhepunkt soll auch der geplante Start von »Hera« im Oktober sein. Die nach einer griechischen Göttin benannte Sonde ist Teil einer Doppelmission von Esa und Nasa dazu, Abwehrmechanismen für einen möglichen Asteroideneinschlag auf der Erde auszuloten. Die Sonde »Dart« der Nasa war dafür bereits 2022 planmäßig auf dem Asteroiden Dimorphos eingeschlagen.

Indien

Indien hat immer ambitioniertere Raumfahrtpläne: So sagte Premierminister Narendra Modi kürzlich, er wünsche sich bis zum Jahr 2035 eine indische Raumstation und bis 2040 den ersten Inder auf dem Mond. Mit der unbemannten Sonde »Chandrayaan-3« gelang dem Land in diesem Jahr die schwierige Landung auf dem Erdbegleiter - nach der ehemaligen Sowjetunion, den USA und China.

Für Ende des kommenden Jahres ist der Start der Mission »Shukrayaan-1« zur Venus anvisiert. Sie könnte Einblicke in die Zukunft der Erde geben, hatte der Chef der indischen Weltraumbehörde Isro, Sreedhara Panicker Somanath, gesagt. Auch eine Mission zum Mars - »Mangalyaan-2« genannt - soll es demnächst geben.

Russland

Russland will trotz des kostenintensiven Krieges gegen die Ukraine seine Ausgaben für das Raumfahrtprogramm im kommenden Jahr um 31,4 Milliarden Rubel (rund 321 Millionen Euro) auf umgerechnet rund 3 Milliarden Euro anheben. Vor allem Unternehmen, die an der Entwicklung mehrfach verwendbarer Trägerraketen und Antriebssysteme beteiligt sind, sollen mit Förderungen bedacht werden.

Nach dem Verlust seiner Raumsonde »Luna-25« will das Land zudem sein Mondprogramm vorantreiben. Bei der ersten russischen Mondmission seit fast fünf Jahrzehnten war die Landung auf dem Erdtrabanten im August fehlgeschlagen. Kremlchef Wladimir Putin verlangt nun ein schnelleres und kommerziell erfolgreicheres Arbeiten der Branche. Die Zahl russischer Satelliten müsse um ein Mehrfaches wachsen, auch sollten die Starts kostengünstiger werden.

Vorbereitet wird weiterhin der Bau einer Raumstation zur Ablösung der in die Jahre gekommenen ISS. Allein dafür plant der Chef der Raumfahrtbehörde Roskosmos, Juri Borissow, bis 2032 rund 609 Milliarden Rubel (6,28 Milliarden Euro) ein. Dabei arbeitet Russland unter anderem eng mit China und Indien zusammen. Beginnen soll der Bau der Russischen Orbitalstation (ROS) mit dem Start des ersten Moduls frühestens 2027.

Japan

Auch die asiatische Hightech-Nation Japan treibt ihre Projekte zur Erkundung des Mondes und des Mars voran. Anfang September schickte die japanische Raumfahrtagentur Jaxa das Mondlandegerät »SLIM« sowie ein Röntgenteleskop namens »XRISM« los. »SLIM« soll etwa drei bis vier Monate nach dem Start in die Mondumlaufbahn eintreten und einige Zeit später landen. Japan wäre in dem Fall das fünfte Land, dem eine sanfte Landung auf dem Mond gelingt.

Mit Japans Mondlandegerät sollen Technologien für künftige Landungen auf der Mondoberfläche getestet werden. Die Daten sollen für das »Artemis«-Programm verwendet werden. Japan strebt wie die Esa an, im Zuge dessen erstmals einen eigenen Astronauten zum Mond zu bringen.

Das Inselreich plant zudem ebenfalls eine Erkundungsmission zum Mars. Das Jaxa-Projekt namens »Martian Moons Exploration« (MMX) sieht für das Fiskaljahr 2024/2025 (1. März) den Start einer Sonde in Richtung der Mars-Monde Phobos und Deimos vor. Jaxa will beide Monde erkunden und Bodenproben von Phobos holen - in der Hoffnung, Hinweise auf den Ursprung des Mars sowie Spuren möglichen Lebens zu finden. Die Proben sollen in einer Kapsel 2029 zur Erde gebracht werden.

Südkorea

Südkorea macht beim neuen Wettlauf ins All ebenfalls mit. Zu den Zielen der viertgrößten Volkswirtschaft Asiens gehört, eine Grundlage für künftige Aktivitäten auf dem Mond zu schaffen. Nachdem die erste eigene Mondsonde vor gut einem Jahr den Zielorbit erreicht hatte, schickte sie in diesem Jahr Fotos von der Rückseite des Erdtrabanten. Sie soll zudem mögliche Landeplätze erkunden. Bis 2031 will Südkorea eine Mondlandung vornehmen - ob es eine unbemannte Landung mit einem Roboter werden soll, ist bisher noch nicht klar.

Südkorea gehört zudem zu den Unterzeichnerstaaten des »Artemis«-Programms. Für 2024 sei daneben zunächst kein größerer Raketenstart zur Weltraumforschung vorgesehen, erklärte eine Sprecherin des Wissenschaftsministeriums. Die seit längerem geplante eigene Weltraumbehörde nach Vorbild der Nasa solle aber endlich an den Start gehen. Ziel ist es, Projekte zur Weltraumforschung effektiver zu gestalten.

Arabische Welt

Im arabischen Raum verfolgen Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate ehrgeizige Pläne bei der Raumfahrt. Die Emirate wollen erneut versuchen, einen Rover auf dem Mond zu landen, nachdem im April eine solche Landung mit einer Sonde der japanischen Raumfahrtfirma Ispace scheiterte. Mohammed bin Raschid, Herrscher des Emirats Dubai, lobte die Bemühungen trotzdem. Die Emirate hätten »in nur zehn Jahren von Grund auf eine Raumfahrtindustrie gebaut«.

Saudi-Arabien konkurriert mit dem kleinen, mächtigen Nachbarland und hat Investitionen in Höhe von mehr als zwei Milliarden US-Dollar in die Raumfahrt angekündigt. Das Land will etwa den Raumfahrt-Tourismus sowie die satellitengestützte Kommunikation voranbringen. Im Vergleich zum etwa zehnfachen Budget der US-Raumfahrtbehörde Nasa sind die eingesetzten Mittel der beiden Länder trotz ihres großen Öl-Reichtums aber noch gering.

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