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Firmen reichen nicht alle Pestizid-Studien ein

Es scheint ein wiederkehrendes Phänomen zu sein - auch ein deutsches Unternehmen steht unter Verdacht. Für Verbraucher geht damit ein Risiko einher.

Pestizide in der Landwirtschaft
Ein Traktor bringt auf einem Acker Pflanzenschutzmittel aus. Foto: Armin Weigel
Ein Traktor bringt auf einem Acker Pflanzenschutzmittel aus.
Foto: Armin Weigel

Bei der Zulassung von Pestiziden haben Konzerne den europäischen Behörden einer Studie zufolge Untersuchungsergebnisse vorenthalten. Das berichten zwei Forschende der Universität Stockholm im Fachblatt »Environmental Health«. Dabei geht es um Studien dazu, ob Wirkstoffe das sich entwickelnde Nervensystem schädigen können (DNT; Developmental Neurotoxicity).

Axel Mie und Christina Rudén war demnach zunächst aufgefallen, dass eine Studie von 2001 zu neurotoxischen Effekten des Wirkstoffs Glyphosat-Trimesium nie bei den EU-Zulassungsbehörden eingereicht worden war. Daraufhin glichen sie generell für Pestizid-Wirkstoffe ab, welche DNT-Studien Hersteller bei der US-Umweltbehörde EPA (Environmental Protection Agency) eingereicht hatten und welche bei europäischen Zulassungsbehörden.

Resultat: 9 von 35 bei der EPA eingereichten Studien wurden in der EU nicht vorgelegt - das entspricht 26 Prozent. Bei 7 davon, so heißt es weiter, hätten die Ergebnisse Einfluss auf den Zulassungsprozess haben können.

Zulassung so wahrscheinlicher?

Warum die Untersuchungen nicht eingereicht wurden, sei letztlich unklar. »Wir wissen nicht, was sich die Hersteller in diesen Fällen gedacht haben, aber wir wissen, dass ein Pestizid, das bekanntermaßen Hirnschäden verursachen kann, möglicherweise nicht auf dem EU-Markt erlaubt wird«, wird Mie in einer Mitteilung seiner Universität zitiert.

Generell scheine es sich nicht um eine Ausnahme zu handeln, sondern um ein wiederkehrendes Phänomen - obwohl die Unternehmen verpflichtet seien, wichtige Daten vorzulegen. »Angenommen, eine Nicht-Offenlegung geht auf die Absicht zurück, das Einreichen von Daten zu vermeiden, die eine Zulassung unwahrscheinlicher machen würden, dann ist vorstellbar, dass eine Studie, die auf eine bedeutende Gefahr hinweist, einem erhöhten Risiko der Nicht-Offenlegung unterliegen würde«, schreibt das Duo.

Dieses Risiko müsse zum Schutz der europäischen Verbraucher minimiert werden, heißt es weiter. Dazu gelte es zu gewährleisten, dass sämtliche Studien in Laboren mit hohen Standards vorgenommen werden. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, sollten diese von den Behörden beauftragt werden, nicht von den Unternehmen. Und letztlich sollten die EU-Behörden prüfen, ob ihnen tatsächlich alle verfügbaren Studien vorlägen.

Betroffene Unternehmen

»Wir haben zu jeder Zeit die nötigen Studien eingereicht, die nach den damaligen Regularien gefordert waren«, schreibt der namentlich genannte Konzern Bayer auf Anfrage. »Da sich die Regulierungsprozesse über die Jahre entwickeln, können heute bei ähnlichen Wiederzulassungen Studien gefordert werden, die beispielsweise vor 15 Jahren noch nicht gefordert waren. Bei allen drei Wirkstoffen gilt: Die von Ihnen angesprochenen Studien hätten die Risikobewertung der Behörden nicht verändert.«

Auch das genannte Chemieunternehmen Syngenta aus Basel weist die Vorwürfe in einer Stellungnahme zurück. DNT-Studien seien nur für Anträge in den USA erstellt worden. In der EU würden andere Studien verlangt. »Es gibt keine unvorgelegten DNT-Studien von Syngenta in der EU oder der Schweiz«, heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens. »Auf spätere Anfragen der EU wurden alle Studien von Syngenta vorgelegt.«

© dpa-infocom, dpa:230601-99-907801/2