Lebensgefährliche Hitzewellen könnten im Zuge der Klimakrise sehr viel häufiger auftreten. Das ergibt sich aus Berechnungen amerikanischer Wissenschaftler.
In einigen tropischen und subtropischen Gebieten könnten demnach schon 2050 viele Menschen an einem Viertel bis der Hälfte aller Tage im Jahr einer gefühlten Temperatur von mehr als 39 Grad Celsius ausgesetzt sein, wie die Berechnungen der Forscher für ein mittelschlimmes Szenario ergaben. In einer Stadt der gemäßigten Breiten wie Chicago könnten gefühlte Temperaturen von mehr als 37 Grad an vier Tagen hintereinander am Ende des Jahrhunderts 16 Mal so häufig auftreten wie in den Jahren 1979 bis 1998.
Die Studie einer Gruppe um Lucas Vargas Zeppetello von der University of Washington in Seattle (USA) ist im Fachjournal »Communications Earth & Environment« erschienen.
Hitze ab 51,1 Grad »extrem gefährlich«
Die Forscher verwendeten für ihre Studie den Hitzeindex des nationalen Wetterdienstes der USA, der die Effekte von Temperaturen und relativer Luftfeuchtigkeit auf den Menschen berücksichtigt (Hitzestress) - man könnte auch von gefühlter Temperatur sprechen. Ab 39,4 Grad Celsius klassifiziert der Hitzeindex eine Wetterlage als »gefährlich«, ab 51,1 Grad als »extrem gefährlich«. Ein solche Situation kann innerhalb weniger Stunden zu einem Hitzschlag führen.
»Diese Standards wurden zuerst für Menschen geschaffen, die in Innenräumen an Orten wie Heizräumen arbeiten – sie wurden nicht als Zustände angesehen, die in Umgebungen im Freien auftreten würden«, wird Vargas Zeppetello in einer Mitteilung seiner Universität zitiert.
Bei ihren Modellberechnungen berücksichtigten die Wissenschaftler Prognosen für die künftige Entwicklung der Bevölkerung und des Bruttoinlandsprodukts der einzelnen Länder und Regionen. Einbezogen wurde auch, wieviel Kohlendioxid (CO2) die jeweils vorhandene Industrie ausstößt. Zwar tragen verschiedene Treibhausgase zum Klimawandel bei, aber weil die CO2-Entwicklung erfahrungsgemäß ein guter Indikator für die Temperaturentwicklung ist, konzentrierten sich die Forscher auf CO2. Für die Jahre 2050 und 2100 berechneten Vargas Zeppetello und Kollegen jeweils eine günstige, eine mittlere und eine ungünstige Alternative.
Hitze-Tage werden sich bis 2050 mehr als verdoppeln
»Die Anzahl der Tage mit gefährlicher Hitze in den mittleren Breiten – einschließlich der südöstlichen und zentralen USA – wird sich bis 2050 mehr als verdoppeln«, erklärt Mitautor David Battisti, ebenfalls von der University of Washington. Bis zum Jahr 2100 rechnen die Forscher in den USA, Westeuropa, China und Japan sogar mit dreimal bis zehnmal so vielen Tagen mit gefährlicher Wetterlage wie im Vergleichszeitraum 1979 bis 1998 - selbst wenn das Pariser Klimaziel (Erderwärmung deutlich unter zwei Grad Celsius) eingehalten wird.
Noch gefährlicher wird es bis zum Ende des Jahrhunderts für Menschen in den subtropischen und tropischen Klimazonen. Im mittleren Szenario mit einer Steigerung der globalen Durchschnittstemperatur um drei Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitraum würde in vielen Regionen die Schwelle von 39,4 Grad an der Mehrheit der Tage im Jahr überschritten. Dies beträfe insbesondere Afrika südlich der Sahara, die Arabische Halbinsel und Indien. Selbst die Hitzeindexklasse »extrem gefährlich« (mehr als 51,1 Grad) würde in diesen Regionen jedes Jahr an mehr als 15 Tagen erreicht. Dies gilt für die mittlere Alternative, in der ungünstigen würde dies noch öfter geschehen.
»Es ist äußerst beängstigend, sich vorzustellen, was passieren würde, wenn an 30 bis 40 Tagen im Jahr die extrem gefährliche Schwelle überschritten würde«, sagt Vargas Zeppetello. Dies könne nur verhindert werden, wenn die Menschheit den CO2-Ausstoß schnell drastisch reduzieren würde. Denn selbst wenn die Vorgaben des Pariser Übereinkommens von 2015 (eine maximale Temperaturerhöhung möglichst weit unter zwei Grad) eingehalten würden, müsste sich die Menschheit Gedanken über Maßnahmen zur Anpassung an die Hitzewellen machen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die weltweite Temperaturerhöhung bis zum Jahr 2100 nur 1,5 Grad betragen wird, beziffern die Forscher auf gerade einmal 0,1 Prozent.
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