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Doch nicht so kolossal? Zweifel an errechnetem Wal-Gewicht

Wird Perucetus colossus seinem kolossalen Namen gerecht? Forscher melden Zweifel an bisherigen Schätzungen zum Gewicht des ausgestorbenen Wals an.

Wal
Ursprünglich schätzten Forscher die Masse von Perucetus aufgrund seiner dicken Knochen als größer ein als die eines Blauwals. Foto: Cullen Townsend/DPA
Ursprünglich schätzten Forscher die Masse von Perucetus aufgrund seiner dicken Knochen als größer ein als die eines Blauwals.
Foto: Cullen Townsend/DPA

Es handle sich womöglich um das schwerste Tier aller Zeiten, hatte es nach der Analyse von Überresten im vergangenen Jahr zu einem ausgestorbenen Wal geheißen.

Zwei Forscher kommen nun zu anderen Schlüssen: Perucetus colossus sei keineswegs so kolossal gewesen, sondern habe eher in der Liga heute lebender Wale gespielt, schreiben Ryosuke Motani von der University of California in Davis und Nicholas Pyenson von der Smithsonian Institution in Washington im Fachjournal »PeerJ«.

Zweifel an Gesamtgewicht

Das rund 39 Millionen Jahre alte Teilskelett des Wals war im Süden Perus entdeckt worden, ohne Schädel oder Zähne. Eine Gruppe um Eli Amson vom Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart hatte die Knochen untersucht und auf ein Gesamtgewicht von 180 Tonnen (mindestens 85 bis maximal 340 Tonnen) geschlossen. Wale hätten sich demnach früher zu gigantischen Tieren entwickelt als bislang gedacht, berichtete das Team im Fachjournal »Nature«.

Die Knochen von Perucetus colossus - grob übersetzt »der kolossale Wal aus Peru« - sind ungewöhnlich dicht. Schwere Knochen können bei Wassertieren den Auftrieb durch Körperfett und Speck ausgleichen. Jeder Wirbel des Funds wiege weit über 100 Kilogramm, mit 5 bis 8 Tonnen sei das etwa 17 Meter lange Skelett zwei- bis dreimal so schwer wie das 25 Meter lange Skelett eines heutigen Blauwals, hatte das Team um Amson Anfang August 2023 erklärt.

Am daraus hergeleiteten immensen Gesamtgewicht gibt es nun Zweifel. »Es wäre für den Wal schwierig gewesen, an der Oberfläche zu bleiben oder gar den Meeresboden zu verlassen - er hätte ständig gegen die Schwerkraft anschwimmen müssen, um irgendetwas im Wasser zu tun«, gibt Motani zu bedenken. Aus der Skelettmasse eines Tieres auf sein Gesamtgewicht zu schließen, sei immer schwierig, alle dabei verwendeten Methoden hätten ihre Tücken, argumentieren Motani und Pyenson.

Eher 60 bis 70 Tonnen

»Wir sind der Meinung, dass die vorliegenden Daten zu begrenzt sind, um die Körpermasse von Perucetus genau zu schätzen, und dass die begrenzte Genauigkeit der verfügbaren Schätzmethoden das Problem noch verschärft«, so das Forscher-Duo. Daten von Seekühen zeigten zum Beispiel, dass ihre Körper im Verhältnis zu ihrer Skelettmasse relativ leicht sind.

Motani und Pyenson schätzen, dass der 17 Meter lange Perucetus wohl eher 60 bis 70 Tonnen wog, etwa so viel wie ein heutiger Pottwal. Selbst ein 20 Meter langer Perucetus habe wahrscheinlich nur etwa 110 Tonnen gewogen - und damit immer noch deutlich weniger als die größten Blauwale (Balaenoptera musculus) mit geschätzt etwa 270 Tonnen.

Letztlich bedürfe es aber weiterer Funde wie eines Schädels, um genauer auf die Ausmaße von Perucetus colossus schließen zu können.

© dpa-infocom, dpa:240301-99-176500/2