Delfine sind in ihrem Sozialverhalten den Menschen noch ähnlicher als bisher angenommen. Lange Zeit wurde es als einzigartiges Merkmal menschlicher Gesellschaften angesehen, mehrere Ebenen von strategischen Bündnissen zu bilden. Forscher fanden nun heraus, dass Große Tümmler an der australischen Westküste ganz ähnliche kooperative Beziehungen aufbauen. Die Ziele der schlauen Meeressäuger unterscheiden sich laut Studie aber deutlich von denen des Menschen: Ihnen geht es demnach nicht um wirtschaftliche Vorteile oder militärische Operationen - sondern einzig und allein um den Zugang zu Weibchen.
Die internationalen Wissenschaftler unter Leitung der Universität Bristol haben zuvor die sozialen Netzwerke von 121 männlichen Indopazifik-Tümmlern in der Shark Bay 800 Kilometer nördlich von Perth untersucht. Das erstaunliche Ergebnis: »Alle 121 Männchen sind direkt oder indirekt in sozialen Gruppen im größten Allianznetzwerk verbunden, das außerhalb von Menschen bekannt ist.« Die Forscher präsentieren ihre Ergebnisse in den »Proceedings« der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften (»PNAS«).
Dabei bilden männliche Delfine drei Bündnisebenen oder »Ordnungen« im Wettbewerb um Weibchen: Bei den Allianzen erster Ordnung zwischen zwei oder drei Männchen geht es darum, kooperativ mit einzelnen Weibchen zusammenzuleben. Die Allianzen zweiter Ordnung umfassen 4 bis maximal 14 nicht verwandte Männchen, die mit anderen Allianzen um den Zugang zu Weibchen konkurrieren. Bei Bündnissen dritter Ordnung kooperieren wiederum ganze Gruppen zweiter Ordnung miteinander.
Delfine nutzen mehrstufige Bündnisnetzwerke
»Die Zusammenarbeit zwischen Verbündeten ist in menschlichen Gesellschaften weit verbreitet und eines der Kennzeichen unseres Erfolgs«, erläuterte Co-Hauptautorin Stephanie King. »Unsere Fähigkeit, strategische, kooperative Beziehungen auf mehreren sozialen Ebenen aufzubauen, wie etwa Handels- oder Militärbündnisse - und zwar sowohl national als auch international - galt einst als einzigartig für unsere Spezies.«
Solche mehrstufigen Bündnisnetzwerke würden auch von Delfinen genutzt - und zwar in großem Umfang. Zudem habe die Studie bewiesen, dass Große Tümmler nicht nur auf die Größe, sondern vor allem auf die Kooperation zwischen den einzelnen Gruppen setzen, wenn es darum geht, mehr Zeit mit den Weibchen zu verbringen. Dadurch werde letztlich der Fortpflanzungserfolg gesteigert, betonte King.
Bisher hätten sich die Bemühungen zum Verständnis der menschlichen sozialen Evolution fast ausschließlich auf Vergleiche mit anderen Primaten, insbesondere Schimpansen und Paviane beschränkt, heißt es in der Studie weiter. Es werde aber immer klarer, dass wichtige Erkenntnisse auch durch Vergleiche zwischen Menschen und entfernter verwandten Lebewesen gewonnen werden könnten.
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