Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen steigt in Deutschland weiter an. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres registrierte die Wirtschaftsauskunftei Creditreform in der Bundesrepublik insgesamt 8400 Firmenpleiten, wie sie am Donnerstag mitteilte. Dies bedeute eine Steigerung um 16,2 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022. Eine höhere prozentuale Zunahme gab nach Angaben der Experten im Vergleichszeitraum zuletzt 2002.
»Die enormen Kostenbelastungen durch zu hohe Energie- und Materialpreise zeigen Wirkung. Nach Jahren sinkender Insolvenzzahlen hat sich der Trend gedreht«, sagte der Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, Patrik-Ludwig Hantzsch. Trotz der signifikanten Zunahmen bei den Fällen handele es sich aber eher um eine Normalisierung als um eine »Insolvenzwelle«, meinte der Experte.
Auch das schlechte Konsumklima habe zu der Entwicklung beigetragen. »Die Inflation verunsichert Verbraucher und bremst die Kauflaune deutlich«, sagte Hantzsch. Für viele Betriebe würden zudem die während der Corona-Krise großzügig verteilten Staatsgelder ein Problem, deren Rückzahlungen jetzt anstehe.
Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen lag dagegen im ersten Halbjahr mit 33 200 auf dem Niveau des Vorjahres. »Energiekrise und Teuerung haben noch nicht zu spürbaren Auswirkungen auf die Zahl der Verbraucherinsolvenzen geführt«, sagte Hantzsch. Ein Grund dafür sei, dass der Arbeitsmarkt sich trotz der aktuellen Rezession bislang als robust erweise. Zudem mache sich eine schlechtere Wirtschaftslage erst mit Verzögerung bei den Verbraucherinsolvenzen bemerkbar.
Für den Rest des Jahres rechnet die Wirtschaftsauskunftei eher mit einer weiteren Verschärfung der Situation bei den Unternehmen. »Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Unternehmen bleiben durch die Inflation und auch durch die Zinswende sehr angespannt«, sagte Hantzsch. »Die Zahl der Zahlungsausfälle könnte sich in den kommenden Monaten sogar noch beschleunigen.«
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