Im Wirecard-Prozess hat ein früherer leitender Buchhalter des 2020 kollabierten Skandalkonzerns einen zentralen Vorwurf der Anklage bestätigt - aber mit Einschränkung. Der letzte »gute« Wirecard-Konzernabschluss sei derjenige des Jahres 2014 gewesen, sagte der ehedem für die Bilanzen der Wirecard-Tochtergesellschaften zuständige Manager am Mittwoch vor dem Landgericht München I.
Danach sei die Erstellung der Konzernabschlüsse immer langwieriger und aufwändiger geworden. Den in den Wirecard-Bilanzen verbuchten Forderungen an Geschäftspartner und Tochterfirmen standen demnach immer weniger tatsächliche Einnahmen gegenüber.
Der Buchhalter schätzte, dass in der finalen Phase vor der Wirecard-Pleite nur noch fünf bis zehn Prozent dieser Forderungen auch tatsächlich beglichen wurden. In seiner polizeilichen Vernehmung hatte der Manager bereits ausgesagt, dass der Konzern nach seiner Einschätzung auf Pump von den Geldern der Kreditgeber lebte. Das bestätigte er vor Gericht: »Das war meine Interpretation, ja.«
Buchhalter im Zeugenstand: »Habe an die Zahlen geglaubt«
Die Staatsanwaltschaft wirft dem früheren Vorstandschef Markus Braun und zwei weiteren ehemaligen Spitzenmanagern des Konzerns vor, mit Hilfe erfundener Geschäfte die kreditgebenden Banken um drei Milliarden Euro geprellt zu haben.
In Wahrheit machte die Wirecard-Gruppe laut Anklage hohe Verluste, so dass es demnach die Kredite waren, die den defizitären Konzern über Wasser hielten - so jedenfalls die Sicht der Staatsanwaltschaft, die von Braun vehement bestritten wird. Der Buchhalter im Zeugenstand bestätigte zwar einerseits, dass der Konzern auf Kredit lebte, betonte jedoch andererseits, dass er die Geschäfte für echt gehalten habe: »Ich habe an die Zahlen geglaubt«, sagte er. »Ich habe bis zum heutigen Tag die Aktien von Wirecard.«
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