BERLIN. Kiwis und Orangen gibt es eher nicht aus Sachsen oder dem Sauerland. Bei anderen Produkten von Kartoffeln bis Käse achten viele Supermarktkunden aber gern darauf, dass sie aus ihrer Region kommen.
Nur was genau heißt das eigentlich: Das Umland der Stadt? Das eigene Bundesland? Nord- oder Süddeutschland? Um mehr Klarheit zu schaffen, fordern Verbraucherschützer genauere Vorgaben für die Werbung mit regionalen Lebensmitteln. »Wenn regional draufsteht, dann muss auch regional drin sein«, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, der Deutschen Presse-Agentur.
Angaben zur Region seien bisher aber schwer durchschaubar, es gebe unzählige unterschiedliche Standards. »Deshalb brauchen wir eine einheitliche Kennzeichnung und einen verbindlichen Mindeststandard, der bei der Werbung mit Regionalität immer erfüllt sein muss«, fordert Müller. »Ein Großteil der Verbraucher erwartet, dass die Rohstoffe eines Produktes aus der bezeichneten Region kommen.« Daher gehörten Label oder Werbung abgeschafft, bei denen sich hinter dem Wort »regional« nur regionale Verarbeitung oder Verpackung verbergen.
Überhaupt haben regionale Produkte in der Corona-Krise weiter an Bedeutung gewonnen, wie auch Bundesernährungsministerin Julia Klöckner beobachtet hat. »Es ist ein neues Bewusstsein für Lebensmittel entstanden – und für die Arbeit derjenigen, die sie produzieren«, sagte die CDU-Politikerin bei der Vorstellung einer Umfrage im Frühjahr. Demnach legen 82 Prozent der Bundesbürger beim Einkauf Wert darauf, dass Produkte aus ihrer Region kommen. Wichtig ist es vor allem bei Obst und Gemüse, Milchprodukten, Eiern, Brot und Backwaren, Fleisch und Wurst - nicht so sehr etwa bei Süßigkeiten.
Neben diversen bunten Siegeln gibt es dafür auch schon ein bundesweit einheitliches Logo: das 2014 eingeführte blaue »Regionalfenster«, das Hersteller freiwillig auf Packungen drucken können. Inzwischen haben es 4930 Produkte, als Lizenznehmer sind 870 Anbieter registriert, wie es beim Trägerverein heißt. Am häufigsten gekennzeichnet sind Gemüse und Kräuter, Obst, Fleisch und Wurst. Am stärksten genutzt wird das Logo in Baden-Württemberg mit mehr als 1300 Artikeln. Auch in Bayern, Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Hessen sind es mehrere Hundert. Im Osten ist das Logo aber noch weniger verbreitet.
Konkret zeigt das »Regionalfenster«, woher die wichtigsten Zutaten stammen und wo sie verarbeitet wurden. Die Region muss kleiner als Deutschland sein. Möglich sind etwa ein Bundesland, ein Kreis oder Angaben wie »aus der Eifel« oder »100 Kilometer um Aachen«. Die erste Hauptzutat muss zu 100 Prozent aus der Region stammen - genau wie die »wertgebenden Zutaten«, also etwa Kirschen in Kirschjoghurt. Bei zusammengesetzten Produkten wird die Summe regionaler Rohstoffe in Prozent angegeben. Auf dem Etikett von Eierspätzle steht dann zum Beispiel: »Weizenmehl aus Baden-Württemberg; verarbeitet in 72181 Trochtelfingen, Anteil regionaler Rohstoffe am Gesamtprodukt = 97%«.
Das »Regionalfenster« sei eine gute Basis - es müsse jetzt aber weiterentwickelt und noch viel bekannter gemacht werden, fordert Verbraucherschützer Müller. So sollte der Anteil regionaler Zutaten in verarbeiteten Produkten über die jetzige Mindestschwelle von 51 Prozent des Gesamtgewichts angehoben werden. Auch über die Definition von »Region« müsse man reden. »Großregionen wie «Süddeutschland» oder mehrere große Bundesländer zusammen sind eher nicht sinnvoll.«
Dabei gebe es jetzt auch in der gesellschaftlichen Diskussion über die Landwirtschaft eine Chance, die Regionalkennzeichnung zu schärfen und zu stärken. »Die Branche berichtet uns seit vielen Jahren, dass Verbraucher bereit sind, mehr für regionale Lebensmittel zu zahlen«, sagt Müller. »Da sehen wir, dass es funktioniert, einen besonderen höheren Standard auch bei den Kunden durchzusetzen.« Und gerade eine Kombination mit mehr Tierwohl könne eine größere Dynamik auslösen. »Dann kann man erkennen: Das Tier stammt aus meiner Region, es ging ihm nachweislich besser, und es wurde nicht lange transportiert. Das stärkt dann auch weiter die regionale Landwirtschaft.« (dpa)