Rund sieben Wochen nach Beginn der Traubenlese ist die Ernte für den 2022er Wein zum größten Teil im Fass. »Riesling-Trauben hängen noch zum Teil an den Reben, auch Rotweinsorten wie Merlot und Cabernet - aber ansonsten ist alles durch«, sagte der Präsident des Weinbauverbands im größten deutschen Anbaugebiet Rheinhessen, Ingo Steitz.
Weiter südlich ist die Ernte teilweise schon vollständig beendet. »Wir sind seit dem 29. September fertig«, sagte der Geschäftsführer der Winzergenossenschaft Weinbiet Manufaktur in Neustadt an der Weinstraße, Bastian Klohr. »Das ging ratzfatz. Wir haben früh angefangen und dann Gas gegeben.« Mit dem bisher absehbaren Ergebnis ist die Genossenschaft durchaus zufrieden: »Die Menge ist sicher unter den Erwartungen geblieben, aber die Qualität ist sehr gut.« Das sei deutlich zu erkennen bei Weinen, die schon fertig vergoren seien, sagte der Winzer.
Der Herbst ist für die Winzer gelaufen
Auch in anderen Regionen konzentriert sich die Lese nach Angaben des Deutschen Weininstituts inzwischen auf einen deutlich kürzeren Zeitraum als in vergangenen Jahrzehnten. Im Rheingau ist die Lese ebenfalls weitgehend abgeschlossen, früher als in den meisten vergangenen Jahren.
»Es ist erstaunlich, wie schnell jetzt ein Herbst rum ist«, sagte der Pfälzer Winzer Klohr. Die Winzer müssten darauf vorbereitet sein, dass der bisher oft zögerliche Reifeprozess bei einem früheren Beginn auch schneller abgeschlossen sei.
Geprägt wird der neue Weinjahrgang von der langen Trockenheit im Juli und August. »Wir haben große Unterschiede bei der Wasserversorgung in den einzelnen Regionen gesehen«, erklärte der Vorsitzende des Verbands Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) in Franken, Robert Haller. Vor allem jüngere Rebanlagen hätten unter der extremen Trockenheit gelitten. Weinberge mit älteren, tiefer wurzelnden Reben seien hingegen vital geblieben.
Je nach Boden habe der Regen im September die Trockenschäden oft nicht mehr ausgleichen können, erklärte der rheinhessische Weinbaupräsident Steitz. Die Beeren hätten vielfach nur etwa 70 Prozent ihres gewohnten Umfangs erreicht. Er erwarte daher, dass die ersten statistischen Schätzungen zur Ertragsmenge noch nach unten korrigiert werden müssten.
Auch im östlichsten deutschen Anbaugebiet Sachsen steht die Weinlese vor dem Abschluss - etwa zwei Wochen früher als normal, wie der Vorsitzende des Weinbauverbands Sachsen, Felix Hößelbarth, erklärte. »Es wird ein guter Jahrgang, in Qualität und Menge.«
Mit dem Abschluss der Weinlese endet für die Winzer die arbeitsintensivste Zeit des Jahres. Die häufige Unterbrechung an regnerischen Tagen im September sei Fluch und Segen zugleich gewesen, hieß es beim VDP Franken. Einerseits seien die Arbeitsbedingungen dadurch äußerst schwer gewesen - »andererseits führte der Regen dazu, dass sich die Böden von der extremen Trockenheit des Sommers erholen konnten«.
© dpa-infocom, dpa:221014-99-123582/3