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Was der Großhandel mit dem Endkundenpreis zu tun hat

An der Börse ändern sich Gaspreise minütlich, für den Endkunden höchstens wenige Male im Jahr. Einen Zusammenhang gibt es trotzdem.

Nord Stream 1
Rohrsysteme und Absperrvorrichtungen in der Gasempfangsstation der Ostseepipeline Nord Stream 1. Foto: Jens Büttner
Rohrsysteme und Absperrvorrichtungen in der Gasempfangsstation der Ostseepipeline Nord Stream 1.
Foto: Jens Büttner

Beim Blick auf die Erdgas-Großhandelspreise konnte einem in den vergangenen Wochen schwindelig werden - vor allem wegen der Höhe. Am 26. August, wenige Tage vor der Lieferunterbrechung der Ostseepipeline Nord Stream 1, kostete Oktober-Erdgas zeitweise fast 347 Euro je Megawattstunde. Zum Vergleich: Am 1. Februar, wenige Wochen vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, hatte er noch bei 72 Euro gelegen.

Seit Ende August hat sich der Markt im Großen und Ganzen wieder etwas beruhigt, der Preis ist seitdem wieder gesunken. Am späten Donnerstagnachmittag kostete der Terminkontrakt TTF für niederländisches Erdgas rund 214 Euro. Dieser TTF-Preis für eine Lieferung im Folgemonat wird häufig als Richtschnur für das europäische Preisniveau verwendet.

Was haben Großhandelspreise mit Preisen für Haushalte zu tun?

Direkt wenig, indirekt und mit Verzug eine ganze Menge. »Erdgas wird von den Unternehmen mit unterschiedlichen Strategien beschafft«, sagt der Energieexperte Fabian Huneke vom Beratungsunternehmen Energy Brainpool. So könne ein Teil von aktuell geliefertem Gas bereits zwei oder sogar drei Jahre im Voraus bestellt worden sein - zu den damals vereinbarten Preisen. Ein anderer Teil könnte wiederum erst am Tag zuvor an der Börse gekauft worden sein.

Wie wirkt sich das aus?

»Das führt dazu, dass Kunden immer Durchschnittspreise bekommen«, sagt Huneke. »Preisspitzen und Preistäler kommen zeitverzögert und gedämpft beim Endkunden an.« Ausschläge an den Börsen würden
nicht direkt umgesetzt. »Allerdings haben wir schon über ein halbes Jahr immens hohe Erdgaspreise.« Dies mache sich mittlerweile immer stärker bei den Gaspreisen der Haushaltskunden bemerkbar.

Heizsaison: Wie werden sich die Preise entwickeln?

»Auch wenn sich die Preise im Großhandel kurzzeitig entspannt haben, ist das Niveau vergleichsweise immer noch sehr hoch«, heißt es beim Stadtwerkeverband VKU. »Je länger die aktuelle Rallye andauert, desto stärker oder häufiger müssen Preise angehoben werden.« Ein VKU-Sprecher vermutet, dass der Markt den russischen Gas-Lieferstopp bereits eingepreist haben könnte, »so dass ein wesentlicher Grund für weitere Preissteigerungen entfallen ist oder sich zumindest vermindert hat«. Ein früher oder strenger Winter könne den Gasverbrauch aber unerwartet steigen lassen und die Preisspirale wieder in Gang setzen.

Wie teuer ist Erdgas im Moment für Haushalte?

Laut Vergleichsportal Check24 muss ein Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden im September im Schnitt 21,9 Cent pro Kilowattstunde bezahlen. Dies entspreche 4371 Euro im Jahr. Ein Jahr zuvor habe die gleiche Menge Gas noch 1316 Euro gekostet – ein Plus von 232 Prozent. Anders gesagt: Der Preis hat sich damit innerhalb eines Jahres mehr als verdreifacht. Ab Oktober kommen weitere Belastungen durch mehrere Umlagen hinzu. Gleichzeitig wird die Mehrwertsteuer gesenkt. Der Musterhaushalt muss trotzdem mehr zahlen, nämlich 4582 Euro aufs Jahr gerechnet - 212 Euro mehr als im September.

© dpa-infocom, dpa:220916-99-782103/3