Düsseldorf (dpa) In dem seit Jahren schwelenden Konflikt zwischen dem Volkswagen-Konzern und dem Zulieferer Prevent hat der Wolfsburger Autoriese hat einen weiteren Etappensieg errungen.
Das Oberlandesgericht in Düsseldorf entschied am Mittwoch, dass die außerordentliche Kündigung eines millionenschweren Liefervertrages für das Hagener Unternehmen Prevent TWB durch die Volkswagen AG rechtmäßig war. Denn der Zulieferer habe zuvor mit Mitteln der Erpressung eine 25-prozentige Preiserhöhung durchzusetzen versucht.
Anders sah der Senat den Fall allerdings bei der Konzerntochter Audi. Hier sei die praktisch parallel erfolgte Kündigung der Lieferbeziehung unwirksam, da nur eine ordentliche, keine außerordentliche Kündigung erfolgt sei. Eine solche Möglichkeit zur vorzeitigen Beendigung der Lieferbeziehung sei in dem befristeten Vertrag aber gar nicht vorgesehen gewesen. Audi müsse Prevent deshalb den durch die einseitige Kündigung des Liefervertrages entstandenen Schaden ersetzen, urteilte der Kartellsenat. Zur konkreten Schadenshöhe traf das Gericht keine Entscheidung. Dies müsste in einem separaten Verfahren geklärt werden. Eine Revision gegen die Entscheidung ließ das Oberlandesgericht nicht zu.
Prevent TWB hatte für VW und die Tochtermarken wie Audi oder Seat Sitzschalen für zahlreiche Modelle produziert - zeitweise mehr als zwei Millionen Stück pro Jahr. Der VW-Konzern hatte die Lieferverträge jedoch im Frühjahr 2018 mit Wirkung zum 31. März 2019 gekündigt und sich andere Lieferanten gesucht. Hintergrund war ein seit langem schwelender Streit zwischen VW und dem Prevent-Konzern, der im August 2016 eskaliert war. Lieferstopps der Prevent-Firmen ES Guss und Car Trim hatten damals die Autofertigung in sechs Werken des Konzerns gestoppt.
Der VW-Konzern begrüßte in einer ersten Stellungnahme, dass das Oberlandesgericht die außerordentliche Kündigung von VW für rechtmäßig erklärte. »Das untermauert einmal mehr, dass die Volkswagen AG in der Auseinandersetzung mit Prevent Geschädigte und nicht Verursacherin ist«, sagte ein Unternehmenssprecher.
Die Niederlage im Fall Audi will der Konzern noch nicht hinnehmen. Er prüft die Einlegung einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, um den Sachverhalt doch noch vom Bundesgerichtshof klären lassen zu können. Mit Blick auf mögliche Schadenersatzzahlungen an Prevent TWB zeigte sich der Konzern unnachgiebig. Bei der Berechnung der Schadenshöhe sei in jedem Fall auch der Mitverschuldensanteil von Prevent zu berücksichtigen. »Da das Gericht bestätigt hat, dass TWB mit Mitteln der Erpressung agierte, dürfte dieser enorm sein. Aus unserer Sicht beträgt er 100 Prozent«, sagte der VW-Sprecher.
Prevent TWB erwartet dagegen von Audi »Schadenersatz voraussichtlich in Millionenhöhe«. Das Urteil, wonach die von VW und Audi ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen unwirksam seien, habe »eine enorme Signalwirkung« für die gesamte Automobil-Zulieferbranche.
Mit Blick auf die vom Gericht gebilligte außerordentliche Kündigung von VW widersprach der Zulieferer der Einschätzung des Gerichts, dass es eine stillschweigende Drohung mit einem Lieferstopp gegeben habe. »Wir werden deshalb das Urteil in diesem Punkt in Ruhe studieren und weitere Schritte prüfen«, sagte der Sprecher.
Das Düsseldorfer Oberlandesgericht ist nur einer der Schauplätze in der juristischen Dauerfehde zwischen Volkswagen und dem ehemaligen Zulieferer. Der erbittert geführte Rechtsstreit beschäftigt inzwischen sogar die Justiz in den USA. Dort hat Prevent Volkswagen wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht auf 750 Millionen US-Dollar Schadenersatz verklagt.