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Verhandlungsmarathon bei der Bahn: Kommt die Tariflösung?

Bei der Bahn wird seit Monaten über die Tarife verhandelt, stets schwingt für Pendler und Reisende die Sorge vor neuen Warnstreiks mit. Noch ist alles offen.

Berliner Hauptbahnhof
Vor dem geplanten Ende der aktuellen Tarifverhandlungsrunde bei der Deutschen Bahn ist alles offen. Foto: Annette Riedl
Vor dem geplanten Ende der aktuellen Tarifverhandlungsrunde bei der Deutschen Bahn ist alles offen.
Foto: Annette Riedl

In den Tarifverhandlungen bei der Deutschen Bahn soll nach den bisherigen Plänen heute die laufende Gesprächsrunde beendet werden. Kurz vor Ablauf dieser schon seit Montag laufenden Verhandlungsrunde sind wichtige Fragen aber weiter unbeantwortet:

Gibt es noch mal einen Warnstreik? Ist ein Abschluss in Sicht? Wird die Verhandlungsrunde um weitere Tage verlängert? Viele Szenarien sind denkbar. Die Verhandler gaben sich zuletzt bedeckt.

Das bedeutet auch: Pendler und Reisende könnte jederzeit wieder ein Warnstreik mit Zugausfällen treffen. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG hat zuletzt zwar das Motto »Wer verhandelt, streikt nicht« ausgegeben. Aber irgendwann stecken auch die längsten Verhandlungen in der Sackgasse. Sollte es zum Warnstreik kommen, dürfte dieser aber mit Vorlauf angekündigt werden.

Ein weiterer Ausstand wäre der dritte seit Beginn des Tarifkonflikts Ende Februar. Zuvor hatten Tausende Beschäftigte im März 24 Stunden lang die Arbeit niedergelegt, im April dauerte der Arbeitskampf an einem Freitagvormittag acht Stunden. Ein geplanter 50-Stunden-Ausstand im Mai wurde nach juristischer Auseinandersetzung beim Arbeitsgericht in Frankfurt am Main kurzfristig abgesagt.

Die Knackpunkte bei den Verhandlungen seit Montag

Mit Entgelterhöhungen und Laufzeit des Tarifvertrags haben sich die Verhandler die dicksten Brocken ans Ende der Verhandlungen gelegt - das ist bei Tarifgesprächen durchaus üblich. »Da liegt noch viel Konfliktpotenzial drin, denn die Erwartungshaltung der Kolleginnen und Kollegen ist groß – und damit auch die Streikbereitschaft«, hatte EVG-Verhandlungsführer Kristian Lorch gesagt.

Die EVG fordert für gut 180.000 Beschäftigte bei der Deutschen Bahn (DB) einen Festbetrag von mindestens 650 Euro pro Monat mehr oder zwölf Prozent bei den oberen Lohngruppen. Die Laufzeit soll nach ihren Vorstellungen zwölf Monate betragen.

Die Bahn hatte zuletzt bei einer Laufzeit von 24 Monaten zwölf Prozent mehr in mehreren Stufen bei den unteren Lohngruppen in Aussicht gestellt. Insgesamt zehn Prozent mehr sollen die mittleren Gruppen bekommen und acht Prozent die oberen. Die erste Erhöhungsstufe soll demnach noch dieses Jahr kommen. Hinzu kommt eine Inflationsausgleichsprämie in mehreren Zahlungen von insgesamt 2850 Euro, die steuer- und abgabenfrei ausfällt.

Die möglichen Szenarien

Bis Mittwoch verliefen die Gespräche den Angaben beider Seiten zufolge intensiv und konstruktiv. Denkbar ist aber, dass die EVG heute wegen zu großer Differenzen bei Laufzeit und Entgelterhöhung einen Warnstreik androht oder gleich dazu aufruft. Die Gewerkschaft könnte so versuchen, die Arbeitgeberseite zu einem besseren Angebot zu bewegen. Je nach Dauer des Arbeitskampfs dürfte die Bahn so eine Aktion durchaus treffen. Bei den beiden Warnstreiks im März und April stand nicht nur der Fernverkehr still, auch der Güterverkehr kam quasi zum Erliegen - was mit großen Kosten verbunden ist.

Sollte die EVG die Verhandlungen sogar für gescheitert erklären, könnte eine Urabstimmung über dann unbefristete Streiks folgen. Das würde allerdings eine deutliche Eskalation des Konflikts bedeuten.

Alternativ könnten sich beide Seiten auf eine Verlängerung der aktuellen Runde bis ins Wochenende verständigen oder einen neuen Termin in den nächsten Tagen suchen - womöglich mit einer Absage an Arbeitsniederlegungen bis zu einem solchen Termin. Oder: EVG und Bahn präsentieren eine Einigung. DB-Personalvorstand Martin Seiler hatte am Mittwoch betont, dass dies das gemeinsame Ziel sein müsse.

Die Zwischenbilanz von Mittwoch

Vor den Entgelterhöhungen und der Laufzeit des Tarifvertrags standen zuletzt vor allem die Busgesellschaften der Deutschen Bahn, die Güterverkehrstochter DB Cargo und die internen Dienstleister des staatseigenen Konzerns auf der Tagesordnung. Die EVG will zum Beispiel für die Beschäftigten der 18 Busgesellschaften die regional unterschiedliche Bezahlung abschaffen. Die Bahn sorgt sich um die Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit dieser Betriebe bei höheren Personalkosten. So hat etwa DB Cargo 2022 einen Verlust vor Zinsen und Steuern von 665 Millionen Euro eingefahren.

© dpa-infocom, dpa:230616-99-73956/3