Anderthalb Jahre nach den Abstimmungen im Bundestag und Bundesrat kann Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ein Gesetz zur Änderung des Euro-Rettungsfonds ESM prüfen und gegebenenfalls unterzeichnen. Das Bundesverfassungsgericht verwarf nach Angaben vom Freitag eine Beschwerde von sieben FDP-Bundestagsabgeordneten als unzulässig. Auf Bitten des höchsten deutschen Gerichts hatte Steinmeier die Prüfung im Sommer 2021 ausgesetzt. Seine Unterschrift ist nötig, damit ein Bundesgesetz in Kraft treten kann.
Die Kläger hätten nicht ausreichend dargelegt, warum ihre Rechte verletzt sein sollten, erläuterte das Gericht in Karlsruhe. Auch hätten sie nicht erklärt, warum mit den Änderungen Hoheitsrechte auf den ESM oder die Europäische Union übertragen würden. Eine rein faktische Änderung stelle jedenfalls in aller Regel keine solche Übertragung von Hoheitsrechten dar.
Der ESM ist ein Fonds, aus dem Länder mit dem Euro als Währung im Krisenfall Kredite erhalten können, um ihre Zahlungsfähigkeit zu sichern. Er war 2012 gestartet und versorgte Griechenland in der Euro-Krise mit Geld - im Gegenzug für Reformen.
Politiker klagten als Privatpersonen
Die Reform des ESM soll einerseits vorsorgliche Kreditlinien für Staaten in Wirtschafts- und Finanzkrisen erleichtern. Zugleich soll die Institution in Luxemburg die Aufgabe einer Rückversicherung für die Bankenabwicklung übernehmen. Dieser gemeinsame »Backstop« soll das Bankensystem Europas stärken und vor Finanzkrisen absichern.
Die Euro-Staaten hatten sich 2020 auf die Reform des ESM-Vertrags geeinigt, der entsprechende Vertrag musste jedoch noch von den nationalen Parlamenten der 19 Mitglieder ratifiziert werden. Das ist in Italien immer noch nicht passiert. Und auch das neue Euro-Mitglied Kroatien, das ab 2023 die gemeinsame Währung einführt, muss den Vertrag noch ratifizieren. Erst dann kann die Reform in Kraft treten.
Die FDP-Abgeordneten haben als Privatpersonen in Absprache mit der Fraktion geklagt. Nach ihrer Ansicht hätte das Zustimmungsgesetz mit Zweidrittelmehrheit verabschiedet werden müssen, wie sie auch bei Grundgesetzänderungen notwendig ist. Die ESM-Reform habe verfassungsändernde Qualität. Das sei ignoriert worden. Tatsächlich hatten Bundesrat und Bundestag das Gesetz nur mit einfacher Mehrheit gebilligt. Die Kläger hatten erklärt, den ESM nicht grundsätzlich infrage zu stellen, sondern ihre Rechte verletzt zu sehen.
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