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Unschuldig im Gefängnis? Neuer Prozess um »Badewannen-Mord«

Vor dem Landgericht München I beginnt ein Prozess um einen Mord, der möglicherweise keiner war. Saß Manfred Genditzki 13 Jahre lang für ein Verbrechen im Gefängnis, das er nicht begangen hat?

Strafjustizzentrum München
Das Gerichtsgebäude für das Amtsgericht, das Landgericht I und II. Das Landgericht I rollt den Prozess um den sogenannten Badewannen-Mord von Rottach-Egern wieder auf. Foto: Sven Hoppe
Das Gerichtsgebäude für das Amtsgericht, das Landgericht I und II. Das Landgericht I rollt den Prozess um den sogenannten Badewannen-Mord von Rottach-Egern wieder auf.
Foto: Sven Hoppe

Vor dem Landgericht München I beginnt am Mittwoch (9.30 Uhr) der Prozess um einen mutmaßlichen Justizskandal. Dort wird der sogenannte »Badewannen-Mordfall« von Rottach-Egern neu aufgerollt. Die entscheidende Frage: Saß Manfred Genditzki 13 Jahre lang zu Unrecht in Haft für einen Mord, den es nie gegeben hat? 

Es ist der nunmehr dritte Prozess um diesen Fall aus dem Oktober 2008. Damals war Genditzki als Hausmeister tätig, als eine 87 Jahre alte Bewohnerin des Hauses in ihrer Badewanne starb. Das Landgericht München II hatte Genditzki 2010 zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt. Nach Ansicht der damals zuständigen Kammer hatte Genditzki die Frau in der Badewanne ertränkt. Nachdem sein damaliger Verteidiger Revision eingelegt hatte, kam es auch in einem zweiten Prozess zum Schuldspruch.

Thermodynamisches Gutachten liegt vor

Seit 2012 war das Urteil rechtskräftig, seither hatte Genditzki für eine Wiederaufnahme seines Verfahrens gekämpft, Spenden gesammelt und mit dem Geld neue Gutachten in Auftrag gegeben.

Im vergangenen Jahr dann hatte er Erfolg: Das Landgericht München I gab dem Antrag auf Wiederaufnahme statt und ordnete die Entlassung Genditzkis aus der Haft an - nach 4912 Tagen.

Genditzki und seine Anwältin Regina Rick wollen in dem neuen Prozess nun ein für alle Mal beweisen, dass er die Bewohnerin des Hauses nicht in der Badewanne ertränkt hat. Sie sprechen von einem Unfall der alten Dame.

Beweisen soll das vor allem ein sogenanntes thermodynamisches Gutachten. Demnach starb die ältere Frau deutlich später als bis dahin angenommen.

Anwältin: »Justizskandal sondergleichen«

»Er kann es nicht getan haben, weil die alte Dame später gestorben ist, als ursprünglich angenommen«, sagte Anwältin Rick kurz vor dem Start des neuen Prozesses. Die Zeit sei also viel zu knapp. »Das schafft ja nicht mal ein russischer Auftragskiller«, sagte sie. »Und im Übrigen hat er kein Motiv.« Der Fall ist für sie »ein Justizskandal sondergleichen« und »fast beispiellos«.

20 Verhandlungstage hat das Landgericht München I für den neuen Prozess angesetzt.

© dpa-infocom, dpa:230426-99-452560/3