Die größte Nutzfahrzeug- und Logistikmesse IAA Transportation hat am Dienstag in Hannover für das Publikum geöffnet. Mehr als 1400 Aussteller aus 42 Ländern zeigen in der niedersächsischen Landeshauptstadt bis zum Sonntag ihre Neuheiten. An vielen Ständen diskutieren Unternehmen und Besucher aber auch über die enorme Verteuerung von Energie und weitere Folgen des Krieges in der Ukraine. Die Transport-IAA wechselt jährlich mit der Pkw-IAA, der letzte Termin im Herbst 2020 war jedoch coronabedingt ausgefallen.
Zentrale Themen sind diesmal Klimaschutz, alternative Antriebe, digitale Vernetzung und Konzepte für den wachsenden Lieferverkehr in Städten. Die Chefin des Autobranchenverbands VDA, Hildegard Müller, sagte: »Die IAA Transportation zeigt, wie wir Klimaneutralität in Transport und Logistik erreichen können«. Aktuell seien die Herausforderungen allerdings groß. Der Ukraine-Konflikt habe »tiefgreifende Konsequenzen« für die Industrie, die Sicherheit der Energieversorgung sei gestresst. »Wir leben in ernsten Zeiten«, so die Verbandschefin. »Und wir müssen runter mit den Energiekosten.«
Müller forderte die Politik erneut auf, die Stromsteuer auf das EU-weit zulässige Mindestniveau abzusenken. Generell sei das deutsche Steuer- und Abgabensystem »international nicht wettbewerbsfähig«, kritisierte sie. Mit Blick auf die Debatte über zeitlich begrenzte Reservekapazitäten der verbliebenen Atomkraftwerke meinte sie: »In der aktuellen Situation muss jede Möglichkeit genutzt werden.«
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte, es sei ein gutes Zeichen, dass die Nutzfahrzeug-IAA sich zu einer umfassenderen Mobilitätsmesse erweitert habe: »Dieser Mut hat sich gelohnt.« Die Energiekrise bringe zusätzlichen Handlungsdruck: »Ich glaube, wir müssen hellwach sein, dass in dieser sensiblen Situation die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie erhalten bleibt.«
Weil: Brauchen wettbewerbsfähige Energiepreise
Rasche Energiekosten-Senkungen seien unabdingbar, um Wirtschaft und Verbraucher zu entlasten. »Wir müssen zu wettbewerbsfähigen Preisen für Energie kommen - sonst geraten wir in Probleme, die wir uns nicht leisten sollten«, sagte Weil. Nachwirkungen der Corona-Pandemie und Lieferkettenstörungen hielten an. »Und seit dem russischen Überfall auf die Ukraine haben wir nun eine Energiekrise.« Es sei zentral, dass eine »aktive Politik« schnelle Maßnahmen auf den Weg bringe. Am 9. Oktober wird ein neuer niedersächsischer Landtag gewählt.
»Ab jetzt ist der Einsatz erneuerbarer Energien auch bei Nutzfahrzeugen hochgradig wirtschaftlich«, sagte Weil. Fossile Energieträger würden auch nach dem Krieg kaum wieder so billig werden wie davor. Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) unterstrich den Programmpunkt Lieferlogistik. Wachsender Onlinehandel erfordere neue Ansätze: »Die Städte brauchen Antworten aus der Fahrzeugbranche zu Umwelt, Lärm, Flächenkonkurrenz.« Es müsse auch darum gehen, die Lebensqualität der Menschen in den Innenstädten zu sichern.
Müller, Weil und Onay machten einen Rundgang über das Messegelände. Dabei besuchten sie unter anderem den Hersteller Daimler Truck. Ein neues E-Lkw-Modell, das 2024 starten soll, kommt hier bereits auf eine Reichweite von 500 Kilometern mit einer Aufladung. Der Konkurrent MAN gab für ein ähnliches Modell bis zu 800 Kilometer als »Tagesreichweite« an, gegebenenfalls auch mit mehreren Ladestopps.
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