Mit staatlichen Zuschüssen will die Bundesregierung angesichts stark gestiegener Kosten Pleiten besonders energieintensiver Firmen verhindern. Das Programm soll bald starten. Dafür eingeplant sind fünf Milliarden Euro, wie es aus dem Bundeswirtschaftsministerium hieß.
Eine Förderung »nach der Gießkanne« soll es nicht geben. Topmanager von Firmen, die die Zuschüsse in Anspruch nehmen, sollen auf Bonuszahlungen verzichten.
Ziel ist es, dass die Antragstellung für die bereits angekündigten Zuschüsse in den nächsten Wochen startet, wie es aus Kreisen des Ministeriums hieß. Die EU-Kommission muss das Programm noch beihilferechtlich genehmigen. Aus der Wirtschaft kam Kritik.
»Teilweise bis zur Existenzgefährdung reichende Belastung«
In den geplanten Richtlinien zum Programm heißt es, die stark gestiegenen Erdgas- und Strompreise stellten für viele handels- und energieintensive Unternehmen eine besondere Belastung dar. »Bereits eine Verdopplung dieser Kosten stellt für Unternehmen, die diesen Kostenanstieg nicht vollständig weitergeben können, eine besondere, teilweise bis zur Existenzgefährdung reichende Belastung dar«, heißt es in den Richtlinien, die der Deutschen Presse-Agentur vorlagen.
Mit den Zuschüssen, die die Firmen nicht zurückzahlen müssen, sollen Kostensteigerungen zumindest teilweise gedämpft werden. Geplant sind enge Vorgaben. Es solle nicht »mit der Gießkanne« gefördert werden, hieß es im Ministerium. Das Programm solle auch nicht dazu führen, dass der Erdgasverbrauch angekurbelt werde und Preise steigen.
Konsequenzen für die Chefetage
Falls Firmen Zuschüsse in Anspruch nehmen, hat das auch Konsequenzen für die Chefetage: Die Geschäftsleitung muss erklären, dass sie auf Bonuszahlungen verzichtet. Damit soll sichergestellt werden, dass nur die Firmen ihre Kosten »vergemeinschaften«, die sich in einer wirklichen Notlage befinden, wie es hieß.
Einen Verzicht auf Bonuszahlungen gab es auch bei den Überbrückungshilfen in der Corona-Pandemie, wie auch beim Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Mit diesem hatte der Staat während der Pandemie große Unternehmen wie die Lufthansa gestützt.
Stufensystem geplant
Das Programm sieht konkret vor, dass ein Anteil der zusätzlichen Energiekosten im Februar bis September 2022 bezuschusst wird - soweit sich der Preis für Erdgas oder Strom mehr als verdoppelt hat. Geplant ist ein Stufensystem, je nachdem wie bedürftig das Unternehmen ist.
Demnach sollen Firmen aus einer energie- und handelsintensiven Branche gemäß einer EU-Beihilfeleitlinie 30 Prozent der Preisdifferenz und bis zu 2 Millionen Euro erhalten, wenn sie einen Anteil von mindestens 3 Prozent Energiebeschaffungskosten an den Gesamtkosten nachweisen. 50 Prozent der Preisdifferenz und bis zu 25 Millionen Euro sollen Unternehmen bekommen, die zudem einen Betriebsverlust in dem jeweiligen Monat aufgrund der zusätzlichen Energiekosten nachweisen. 70 Prozent der Preisdifferenz und bis zu 50 Millionen Euro sollen besonders energieintensive Firmen etwa aus der Chemie-, Glas-, Stahl- oder Metallindustrie erhalten. Die prozentuale Förderung solle im Juli für die restliche Laufzeit des Programms einmalig um 10 Prozentpunkte abgeschmolzen werden.
»Irritierendes Signal«: DIHK übt Ktitik
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Peter Adrian, sagte, die historisch hohen Strom- und Energiepreise bedrohten von Tag zu Tag mehr deutsche Unternehmen in ihrer Existenz. Daher sei es richtig, dass die Bundesregierung Firmen unter die Arme greifen wolle. »Allerdings schließt die Bundesregierung alle Branchen, die nicht stromintensiv sind, per se von den Hilfen aus. Da die Gaspreise noch stärker als die Strompreise gestiegen sind, ist das nicht sachgerecht und ein irritierendes Signal für viele Unternehmen.«
Das Zuschussprogramm ist Teil eines im April von Wirtschafts- sowie Finanzministerium vorgestellten Hilfspakets für Unternehmen, die besonders von den Folgen des Ukraine-Kriegs und dem Anstieg der Energiekosten betroffen sind. Dazu gehört auch ein Kreditprogramm über die staatliche Förderbank KfW, das bereits angelaufen ist.
Die Bundesregierung hatte bereits deutlich gemacht, dass das im April angekündigte Hilfspaket keinen umfassenden Schutz für Firmen bedeute. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte von einem wirtschaftspolitischen »Stoßdämpfer« gesprochen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte gesagt, eine »totale Kostenübernahme« durch den Staat gebe es nicht. Es sei wichtig, dass Firmen überleben könnten, aber der Staat könne ihnen nicht jede Belastung abnehmen.
© dpa-infocom, dpa:220603-99-530856/3