Der Energiekonzern RWE sieht die von der Bundesregierung geplante Abschöpfung von sogenannten Zufallsgewinnen kritisch. »Eingriffe in bewährte marktbasierte Systeme sollten vermieden werden«, sagte Finanzvorstand Michael Müller anlässlich der Vorlage von Quartalszahlen. Wo Eingriffe von der Politik als unbedingt notwendig erachtet werden, sei eine Befristung für die Zeit der Krise wichtig.
»Die Abschöpfung muss so gestaltet werden, dass wir aus der Krise rauskommen«, sagte der Manager. »Wir müssen uns aus der Krise rausinvestieren.« Die für den Umbau der Energieversorgung benötigten Summen müssen Müllers Meinung nach »maßgeblich von privaten Unternehmen kommen«. Und dafür müssten die Rahmenbedingungen für Investoren attraktiv und verlässlich bleiben. RWE sehe sich in der Verantwortung, sagte er. Momentan sei noch nicht klar, wie die Gewinnabschöpfung aussehen werde, sagte Müller. Nicht zuletzt deshalb habe sich das Management dafür entschieden, die Jahresprognose nicht anzuheben.
Operatives Ergebnis steigt um rund 70 Prozent
RWE legte glänzende Quartalszahlen vor. Das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) kletterte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um gut 70 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro. Als Gründe gab das Unternehmen eine hohe Stromnachfrage, mehr Grünstrom-Produktion und ein »äußerst starkes« Handelsgeschäft an. Während die Gewinne bei den Erneuerbaren Energien und im Handel stark zulegten, gingen sie im Segment Kohle und Kernenergie, das RWE nicht mehr zum Kerngeschäft zählt, zurück. Grund seien unter anderem Kraftwerksschließungen. Auch sei die Stromproduktion der deutschen Braunkohlekraftwerke und des RWE-Kernkraftwerks bereits langfristig vor der aktuellen Energiekrise verkauft worden.
Das Unternehmen bestätigte seinen Ausblick für das Gesamtjahr. Demnach peilt es 2022 beim operativen Ergebnis weiterhin einen Wert zwischen 5 Milliarden und 5,5 Milliarden Euro an. Das bereinigte Nettoergebnis soll zwischen 2,1 und 2,6 Milliarden Euro liegen. Das Dividendenziel liege unverändert bei 90 Cent je Aktie.
Lützerath soll abgebaggert werden
Müller äußerte sich auch zur Debatte um die weitere Braunkohleverstromung. RWE hält demnach eine Räumung des von Klimaaktivisten besetzten Orts Lützerath am Braunkohletagebau Garzweiler noch in diesem Winter für notwendig. Es gehe darum, die aus der Sicherheitsbereitschaft zurückgeholten Braunkohleblöcke sowie die beiden jetzt länger laufenden Blöcke mit Braunkohle zu versorgen, sagte Müller. Dazu sei es erforderlich, dass der Tagebau wie geplant fortschreite. »Insofern muss auch im Rahmen der Rodungsperiode im Winter eine Räumung von Lützerath erfolgen«, sagte Müller. Wann die Rodung beginnen solle, wisse er nicht.
Die grün geführten Wirtschaftsministerien in Bund und NRW hatten Anfang Oktober mit dem Energiekonzern RWE einen auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg im Rheinischen Revier vereinbart. Fünf weitgehend verlassene Dörfer am Tagebau bleiben erhalten, Lützerath soll zur Kohlegewinnung jedoch abgebaggert werden. Das wollen Aktivisten vor Ort unbedingt verhindern.
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