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Paketbranche schickt mehr Elektrotransporter auf die Straßen

Wer online bestellt und es ernst meint mit dem Klimaschutz, hat manchmal ein schlechtes Gewissen. Die Ware wird oft in Verbrennungsmotor-Fahrzeugen befördert. Stromer sollen die Situation verbessern.

Elektro-Fahrzeug von DHL
Ein Zusteller des Post-Konzerns DHL stellt mit einem elektrisch betriebenen Fahrzeug (Streetscooter) Post zu. Foto: Jan Woitas/DPA
Ein Zusteller des Post-Konzerns DHL stellt mit einem elektrisch betriebenen Fahrzeug (Streetscooter) Post zu.
Foto: Jan Woitas/DPA

Deutschlands Paketbranche kommt auf ihrem Elektrokurs voran, mit dem der CO2-Ausstoß gesenkt werden soll. Der Marktführer DHL teilte auf Anfrage mit, mittlerweile mehr als 25 000 elektrisch betriebene Transporter im Geschäftsbereich Post & Paket Deutschland zu haben. Das sind 5000 mehr als vor anderthalb Jahren und 15 000 mehr als vor vier Jahren. Die Zahlen beziehen sich auf die »letzte Meile«, also die Strecke bis zum Haushalt oder Abhol-Automaten. Dort setzt DHL 60 800 Transporter ein, der Elektro-Anteil liegt also bei circa 41 Prozent. Das ist mit deutlichem Abstand der höchste Wert unter den in Deutschland tätigen Paket-Dienstleistern.

DHL mit großem Vorsprung vor der Konkurrenz

Die DHL-Konkurrenten nutzen zwar ebenfalls mehr Stromer als früher, ihr Rückstand zum Branchenprimus bleibt aber groß. Das liegt auch daran, dass die Deutsche Post DHL früh losgelegt hat und unter der Marke Streetscooter jahrelang eigene Elektrofahrzeuge hergestellt hat. Doch so wirklich warm wurde die Bonner Zentrale nie mit der Aachener Tochterfirma - die Fahrzeug-Fertigung war doch sehr weit entfernt vom DHL-Kerngeschäft, der Logistik.

Vor knapp zwei Jahren zog die Zentrale die Reißleine und verkaufte Streetscooter. Die Nachfolgefirma ist bisher keine Erfolgsgeschichte, im September stellte sie einen Insolvenzantrag. DHL hatte bei ihr zwar weiter Streetscooter eingekauft, doch der Fahrzeugfabrikant hatte Lieferschwierigkeiten und stellte DHL weniger Stromer zur Verfügung als der Logistiker wollte. Daher sattelten die Bonner allmählich um und bestellten auch bei anderen Herstellern Stromer.

Wettbewerber kommen allmählich voran

In Sachen Elektrifizierung war DHL lange Zeit so weit vorn, dass die Konkurrenz kaum im Rückspiegel zu sehen war. Für die Wettbewerber mit ihrer Verbrenner-Dominanz war das auch deshalb ein Problem, weil der Bonner Post-Konzern sich dadurch ein Image als relativ klimaschonender und nachhaltiger Paketlieferant erarbeiten konnte. Das sollte DHL helfen, um bei Firmen und Verbrauchern zu punkten.

Inzwischen nehmen aber auch die Wettbewerber bei der Elektrifizierung der letzten Meile Fahrt auf. GLS hat 650 Elektro-Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen und damit drei Mal so viele wie vor zwei Jahren. Bis Jahresende sollen es 900 sein.

DPD will den Elektro-Anteil ebenfalls erhöhen, eine Zahl nennt die Firma nicht. Der Anteil der Elektrofahrzeuge an der Gesamtflotte liegt bei DPD im einstelligen Prozentbereich. Bei GLS sind es zehn Prozent. Hermes hatte Anfang 2021 nur 190 Elektrotransporter in seiner Flotte, inzwischen sind es Unternehmensangaben zufolge 720. Eine Prozentzahl wird nicht genannt.

In den kommenden Jahren soll das Tempo anziehen. So berichtet Hermes davon, dass das Unternehmen bis Ende 2025 in 80 Innenstadtbereichen ausschließlich elektrisch und damit ohne lokalen CO2-Ausstoß zustellen wolle. Wie andere Firmen auch setzt Hermes hierbei nicht nur auf Elektro-Transporter, sondern auch auf E-Lastenräder.

DHL hat Investitionen reduziert

Der Post-Konzern DHL wollte eigentlich schon weiter sein. Doch die Firma fuhr ihre Investitionen in neue Gebäudetechnik und moderne Fahrzeuge zuletzt etwas herunter. Das lag zum einen daran, dass DHL mit einem Antrag bei der Bundesnetzagentur auf ein höheres Briefporto gescheitert ist und daher nicht mit Extra-Einnahmen planen kann. Außerdem lässt eine Reform des veralteten Postgesetzes auf sich warten - angesichts dieser regulatorischen Unsicherheit übt sich das Management in Zurückhaltung. »Auch bei den sonstigen Investitionen - Fahrzeuge und so weiter - können wir das nicht in der Investition fortsetzen, wie wir uns das wünschen«, sagte DHL-Chef Tobias Meyer.

Treibhausgas-Ausstoß auf Langstrecken bleibt hoch

Während der Elektroanteil auf der letzten Meile branchenweit steigt, sind die Fortschritte auf den anderen Abschnitten des Pakettransports noch übersichtlich. Der Sendungstransport auf der Schiene spielt nur eine Nebenrolle und auf den Autobahnen werden die Pakete größtenteils in Lastwagen mit Dieselmotoren befördert. Das liegt auch daran, dass das Angebot an geeigneten schweren Lkw mit anderen Antriebsarten noch begrenzt ist. »Im Fernverkehr fehlt es schlicht noch an verlässlichen und skalierbaren Alternativen«, sagt ein GLS-Sprecher. Das Unternehmen hat für die Langstrecken vier LNG-Lkw und einen Wasserstoff-Truck in seiner Flotte.

Für DHL sind im Geschäftsbereich Post & Paket Deutschland - also dem Stammgeschäft mit Briefen und Paketen - inzwischen 222 Biogas-Lastwagen unterwegs, bis Jahresende sollen es 360 sein. Die Lastwagen sind sowohl im Regionalverkehr - wo große Mengen Pakete bei Filialen abgeholt und zu Paketzentren gebracht werden - als auch auf den Langstrecken - dem »Hauptlauf« - im Einsatz, also auf Autobahnen. Hinzu kommen in Berlin noch 13 Elektro-Lastwagen, die im Regionalverkehr fahren und nicht für den Hauptlauf geeignet sind. Hermes hat seit Herbst 2022 zwei Elektro-Lastwagen im Einsatz, einen an einem Hamburger Logistik-Center und einen in Berlin.

Und was sagen Umweltschützer zum Elektro-Plus in der Paketbranche? Allzu große Begeisterung kommt nicht auf. Dass weniger CO2 freigesetzt wird als bei Verbrenner-Transportern, finden sie zwar positiv. Die steigenden Paketmengen und damit auch das erhöhte Transport-Aufkommen sehen sie aber kritisch, da diese ein Symptom der Wegwerf-Gesellschaft seien. So plädiert Greenpeace für einen nachhaltigeren Konsum, bei dem weniger Produkte bestellt werden.

© dpa-infocom, dpa:231112-99-914473/3