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Nach dem Streik kommen die Ferien

Kaum ist der Luftverkehr nach dem Warnstreik wieder angelaufen, folgt der nächste Härtetest für Airlines und Passagiere. Mit dem Beginn der Osterferien startet die erste große Reisewelle des Jahres.

Luftverkehr
Passagiere stehen in einer Schlange von mehreren hundert Metern für die Sicherheitskontrolle am Flughafen Köln Bonn an. Foto: Thomas Banneyer
Passagiere stehen in einer Schlange von mehreren hundert Metern für die Sicherheitskontrolle am Flughafen Köln Bonn an.
Foto: Thomas Banneyer

Selten war sich die Luftverkehrsbranche so einig: Das Abfertigungschaos vom vergangenen Jahr soll sich 2023 nicht wiederholen. Auch nach dem nahezu flächendeckenden Verkehrswarnstreik von Verdi und EVG geben sich Airlines, Flughäfen und Flugsicherung optimistisch, zum Beginn der Osterferien den ersten heftigen Urlauberansturm der Saison bewältigen zu können. Dabei haben sich die äußeren Umstände im Vergleich zum verpatzten Vorjahr keineswegs verbessert.

»Airlines und Flughäfen versuchen zwar, den Personalmissstand auszugleichen und Abläufe zu automatisieren, aber dennoch wird der Flugbetrieb sicher nicht reibungslos verlaufen«, unkt beispielsweise die Fluggastrechtsexpertin Claudia Brosche vom Internet-Portal »Flightright«. Das Unternehmen lebt davon, Entschädigungsansprüche von Passagieren durchzusetzen und hatte 2022 nach dem missglückten Wiederanlauf nach Corona schon wieder gut zu tun. Brosche beschwört die Gefahr neuerlicher Warnstreiks, die die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und Verdi aber zumindest für den Beginn der Osterreisezeit so gut wie ausgeschlossen haben.

Auch ohne neuerliche Streiks wird es schwer genug: Nach der Personalmisere im vergangenen Jahr hätten sämtliche größeren Flughäfen neue Leute eingestellt, sagt Ralph Beisel vom Flughafenverband ADV. Doch im grünen Bereich sei kein Standort, weil immer wieder auch Bewerber absprängen oder ihren Job nicht anträten. Immerhin habe sich in einigen Ländern die behördliche Zuverlässigkeitsüberprüfung beschleunigt.

Zusätzliche Probleme sind im deutschen Luftraum zu erwarten, der von der Deutschen Flugsicherung (DFS) kontrolliert wird. Im Westen verknappen die streikfreudigen französischen Lotsen die Routen, während im Osten der russische Angriffskrieg in der Ukraine weiterhin für geringere Kapazitäten an der Nato-Grenze sorgt. Der ohnehin schon hoch belastete deutsche Luftraum wird zudem vom 12. bis zum 23. Juni Schauplatz der größten Luftwaffenübung seit Ende des Kalten Kriegs. Bis zu 210 Flugzeuge aus 18 Nationen nehmen laut Bundeswehr am Manöver »Air Defender 2023« teil, in dem unter anderem die Verlegung von Truppen aus den USA nach Europa geübt wird.

Mit gebremstem Schub unterwegs

Der deutsche Luftverkehr ist im internationalen Vergleich nach Corona immer noch mit gebremstem Schub unterwegs. Zum Vorkrisenniveau des Jahres 2019 fehlten im vergangenen Jahr noch 34,1 Prozent der Gäste. Die Lücke soll im laufenden Jahr auf etwa 15 Prozent schrumpfen.

Die Kapazitäten im Luftraum wie beim Personal bleiben knapp, so dass es im Zusammenspiel der »Systempartner« auf eine neue Ehrlichkeit ankommt, wie Beisel sagt. An allen größeren Flughäfen gebe es regelmäßige Abstimmungsrunden, in denen alle Beteiligten ihre tatsächlichen Personalstärken zu den Spitzenzeiten offenlegen müssten. Statt Konkurrenzdenken und gegenseitigen Schuldzuweisungen müsse gemeinsam das Ziel eines möglichst reibungslosen Flugverkehrs verfolgt werden.

Am Frankfurter Flughafen ist am vergangenen Sonntag die Generalprobe dafür schon einmal gründlich schiefgegangen. Der Hauptkunde Lufthansa, der für rund 70 Prozent der Flugbewegungen am größten deutschen Drehkreuz steht, konnte tausende Passagiere und Gepäckstücke nur verzögert abfertigen. Neuerliche IT-Probleme hatten die Systeme zwischenzeitlich lahmgelegt.

Wichtige Glasfaserkabel durchtrennt

Die Suche nach der bei einem Dienstleister vermuteten Ursache läuft noch. Dem Vernehmen nach soll es einen anderen Grund geben als am 15. Februar, als die angemieteten Backup-Systeme der Lufthansa in die Knie gingen, nachdem ein Bagger ausgerechnet auf einer Baustelle der Deutschen Bahn einige wichtige Glasfaserkabel durchtrennt hatte. Auch in München hatte es vor dem großen Verdi-Warnstreik erhebliche operative Probleme gegeben, hier verursacht von der Flugsicherung.

Gleichwohl gibt man sich im Lufthansa Aviation Center optimistisch für den ersten wirklichen Härtetest zum Auftakt der Reise-Saison. »Wir sind operativ für das kommende Wochenende gut gerüstet«, sagt eine Sprecherin. Wie bereits im vergangenen Jahr setzt Deutschlands größte Airline zu Ostern ein Interkontinentalflugzeug vom Typ Boeing 747 auf der ungewohnten Kurzstrecke nach Mallorca ein. An den ersten vier Sonntagen im April fliegt je ein Jumbo von Frankfurt nach Palma und zurück, jeweils 150 Passagiere mehr an Bord als die sonst übliche Airbus-Mittelstreckenmaschine.

Dass die Malle-Jumbos wie auch sämtliche übrigen Flugzeuge abheben können wie geplant, ist das erklärte Ziel der Branche. Die Deutsche Flugsicherung (DFS) hat für die beiden Drehkreuze Frankfurt und München die Zahl der maximalen Flugbewegungen pro Stunde deutlich reduziert, Verlässlichkeit soll hier den Vorzug erhalten vor einem möglichst großen Angebot.

Frankfurt wird erst zum Ende der Reisesaison im August wieder den ursprünglichen Eckwert von 104 Starts und Landungen wieder erreichen, wie Fraport-Chef Stefan Schulte angekündigt hat. München sieht sich im Betrieb von der neuen Obergrenze erst gar nicht behindert, versichert ein Flughafensprecher. Die Bayern erwarten von Freitag bis Sonntag jeweils rund 100 000 Passagiere, am Rhein-Main-Airport sind es zum Ferienauftakt in Hessen und umliegenden Ländern täglich über 180.000 Gäste. Inständig bitten die Betreiber die Passagiere, rechtzeitig vor Abflug zum Flughafen zu erscheinen, mit wenig und gut sortiertem Handgepäck.

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