BERLIN. Fehlende Reservierungsanzeigen, Steckdosen ohne Strom, geschlossene Bordbistros: Deutlich mehr als die Hälfte der im Juni eingesetzten Fernzüge bei der Deutschen Bahn (DB) waren mit technischen Defekten und Einschränkungen unterwegs.
Die Sicherheit der Fahrgäste war dadurch jedoch nicht gefährdet, wie aus einer Antwort des Verkehrsministeriums auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag hervorgeht.
Im Juni waren demnach rund 38 Prozent der eingesetzten ICE- und IC-Züge voll funktionsfähig - der bis dahin schwächste Wert im Jahr 2019. Noch im Mai lag die Quote bei 46 Prozent. Zuvor hatte die »Bild«-Zeitung darüber berichtet.
Um welche Defekte es sich genau handelte, und ob sie größere Einschränkungen für die Passagiere bedeuteten, geht aus der Statistik nicht hervor. »Die von der DB gemessene «technische Verfügbarkeit bei Erstbereitstellung» dient der internen Steuerung und berücksichtigt selbst kleinste technische Einschränkungen«, teilte die Bahn mit.
»In die veröffentlichte Statistik gehen auch kleinste Störungen ein, die zum größten Teil von unseren Kunden gar nicht bemerkt werden können«, sagte am Mittwoch DB-Fernverkehrschef Michael Peterson in Berlin. »Das Wichtigste: Unsere eingesetzten Züge sind alle 100 Prozent sicher.«
Denn wenn Mängel an einem Zug die Sicherheit gefährden, verlässt dieser erst gar nicht die Werkstatt. Zahlen darüber, wie viele Züge das betraf, nannte der Konzern nicht. Allerdings hat sich die Zahl der täglich eingesetzten Züge im Laufe der ersten Jahreshälfte verringert. Konnten im Januar im Schnitt noch 384 Züge täglich bereitgestellt werden, waren es im Juni 375. In dem Monat hatte die Deutsche Bahn wegen großer Hitze und schweren Unwettern mit zahlreichen Verspätungen und Zugausfällen zu kämpfen.
Für Juli liegen keine Daten zu bereitgestellten Zügen vor. Allerdings hatte sich die Pünktlichkeitsquote wieder verbessert. Dennoch sind ausgefallene Reservierungsanzeigen oder defekte Toiletten für die Bahnkunden häufige Ärgernisse.
»Dass weiterhin mehr als jeder zweite Fernzug mit Defekten unterwegs ist, zeigt, dass die Deutschen Bahn AG ihren eigenen Qualitätsanspruch nicht erfüllen kann«, teilte der Obmann der FDP-Fraktion im Verkehrsausschuss des Bundestags, Torsten Herbst, mit. »Wer mehr Fahrgäste für die Schiene begeistern will, muss endlich dafür sorgen, dass die Instandsetzung der Fernzüge besser funktioniert.«
Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Anteil der störungsfreien Züge indes deutlich erhöht. Laut Medienberichten vom Dezember fuhr damals nicht einmal jeder vierte Fernzug völlig fehlerfrei. Die Deutsche Bahn will rund eine halbe Milliarde Euro in den Ausbau von Instandhaldungswerken investieren, um die Verfügbarkeit und die Funktionsfähigkeit der Züge zu verbessern. Mehr als 500 neue Mitarbeiter hat der Konzern in den Werken eigenen Angaben zufolge bereits eingestellt, 500 weitere sollen folgen.
Mitte Juli verkündete die Bahn den Ausbau des ICE-Werks in Hamburg unter anderem mit weiteren Nebenwerkstätten und erweiterten Rangier- und Abstellanlagen. Seit Mittwoch wird auch das ICE-Werk Berlin-Rummelsburg ausgebaut. Rund 260 Millionen Euro fließen dafür in den Standort. »Wir arbeiten jeden Tag hart daran, dass unsere Kunden mit technisch einwandfreien Zügen unterwegs sind«, sagte Fernverkehrschef Peterson.
Dennoch: Aus Sicht des Fahrgastverbands Pro Bahn hat der Konzern das Problem zwar erkannt, aber noch nicht ausreichend behoben. »Im Augenblick ist die Situation auf keinen Fall zufriedenstellend«, sagte Sprecher Detlef Neuß. Es fehle vor allem an Personal, auch an den größeren Bahnhöfen, um Mängel wie defekte Türen oder Toiletten schnell zu reparieren. Für die Fahrgäste führe das zu unnötigen Unannehmlichkeiten. Auch beim Personal für IT-Fragen bestehe weiter Nachholbedarf. (dpa)