Der Ökolandbau in Deutschland soll in den kommenden Jahren stärker von der milliardenschweren EU-Agrarförderung profitieren als bislang.
Der dafür notwendige Strategieplan sollte bei der zuständigen EU-Kommission eingereicht werden, wie Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) am Rande eines Treffens mit seinen EU-Kollegen in Brüssel sagte. »Das bedeutet Planungssicherheit für unsere Bäuerinnen und Bauern.« Naturschutzverbände kritisierten die Pläne für die Jahre 2023 bis 2027 jedoch als unzureichend.
Özdemir betonte, mit dem Schritt werde nun eine Altlast der vorherigen Bundesregierung abgearbeitet. Denn Deutschland war mit dem Plan bereits in Verzug. Die Frist für die Abgabe war der 1. Januar. Özdemir hatte die Verspätung zuletzt mit dem Regierungswechsel im Dezember begründet.
Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik
Die Strategiepläne sind Teil einer Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), auf die sich die EU-Staaten und das Europaparlament im vergangenen Jahr verständigt hatten. Mit einem Volumen von knapp 390 Milliarden Euro für die Jahre 2021 bis 2027 macht sie den größten Einzelposten des EU-Haushalts aus. Dimension und Auswirkung der Agrarpolitik auf Bauern und Verbraucher macht auch das Landwirtschaftsministerium deutlich: »Das Förderspektrum wirkt sich auf den Lebensbereich von etwa 40 Millionen Menschen in den ländlichen Räumen aus und ist im Landwirtschaftssektor für rund 300.000 antragstellende Betriebe relevant.«
Die EU-Agrarreform soll unter anderem dafür sorgen, dass die Produktion von Lebensmitteln umweltfreundlicher wird. Wie die einzelnen Länder dies umsetzen, sollen sie in den Strategieplänen darlegen, die von der EU-Kommission genehmigt werden müssen.
»Konnten für den ökologischen Landbau viel rausholen«
»Auf den letzten Metern konnten wir für den ökologischen Landbau noch viel rausholen«, sagte Özdemir nun einer Mitteilung zufolge. In Brüssel betonte er, dass in den Jahren 2023 bis 2027 jeder zweite Euro der zur Verfügung stehenden 30 Milliarden Euro »für Klima, für Umwelt und für Artenschutz« ausgegeben werde. Biobetriebe könnten mit freiwilligen Leistungen für Klima und Umwelt Geld verdienen.
Zudem sei das Ziel von 30 Prozent ökologischem Landbau bis 2030 in den Strategieplan aufgenommen worden. Mit einer halben Milliarde im Jahr solle der Öko-Landbau gefördert werden. »Die Förderschwerpunkte werden neu gesetzt - und der Ökolandbau rückt in den Fokus«, sagte Özdemir. Er gehe davon aus, dass die EU-Kommission den Plan rasch genehmigen werde. Die Behörde kann nun innerhalb von drei Monaten Anmerkungen zum deutschen Plan nach Berlin schicken, auf deren Grundlage das Dokument überarbeitet werden muss. Nach maximal drei weiteren Monaten müsste die EU-Kommission den Plan dann genehmigen.
Umweltschützer nicht zufrieden
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Bund) und der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) halten die deutschen Vorhaben jedoch für unzureichend. Sie verfehlten »die Ziele beim Klimaschutz, bei der Wiederherstellung der Biodiversität, beim Ausbau des Ökolandbaus und Umbau der Nutztierhaltung«, teilten die Verbände mit. Man gehe davon aus, dass die EU-Kommission den Strategieplan nicht genehmigen werde. »Mit diesem Plan sind weder die ambitionierten Ziele des EU Green Deals noch des Koalitionsvertrags erreichbar.«
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) sprach sich am Montag unter anderem dafür aus, dass kleinere Betriebe höhere Prämien für zusätzliche freiwillige Umweltmaßnahmen (sogenannte Öko-Regelungen) bekommen sollten. So könne der finanzielle Verlust der bäuerlichen Betriebe bei den Direktzahlungen ausgeglichen werden, der ihnen nach Ansicht des AbL bevorsteht.
Initiative zur Herkunftskennzeichnung
Özdemir nutzte das Treffen auch, um zusammen mit seiner Kollegin aus Österreich, Elisabeth Köstinger, eine Initiative zum Thema »Faires Einkommen für Landwirte« einzubringen. Die EU-Kommission soll demnach zügig einen Gesetzesvorschlag für eine verpflichtende EU-weite Kennzeichnung der Herkunft von Lebensmitteln vorlegen.
»Es geht einerseits darum, dass wir uns dafür einsetzen, dass die Bäuerinnen und Bauern eine vernünftige Einkommensquelle haben«, sagte Özdemir. Zum anderen müssten die Verbraucherinnen und Verbraucher wissen, wo die Produkte herkommen. Der Vorstoß zielt ab auf eine Ausdehnung der bereits verpflichtenden Herkunftskennzeichnung auf Produkte wie Milch und Milch als Zutat, Fleisch als Zutat, Reis oder Tomaten in bestimmten Tomatenprodukten.
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